Online-Fortbildung

Fachkräfte für die Zukunft –
kommunale Handlungsoptionen im Ganztag

Am 4. März 2025 diskutierten die Teilnehmenden an der Online-Fortbildung über die Frage, wie Fachkräfte für eine qualitativ hochwertige Gestaltung der Ganztagsbildung gefunden und gebunden werden können und welche Rolle Kommunen dabei einnehmen können. Es zeigte sich: Kommunen können an vielen Stellen aktiv werden – wichtig ist, zunächst die Ausgangslage in den Blick zu nehmen und auf Basis der lokalen Fachkräftebedarfe eine Strategie zu entwickeln. Von dort ausgehend können Kommunen z. B. Arbeitsbedingungen mitgestalten, etwa in Form einer Begleitung multiprofessioneller Teams im Ganztag durch Fachberatungen aus der Kinder- und Jugendhilfe, oder Ausbildungen fördern.

Gefragt: Fachkräfte für einen guten Ganztag

Guter Ganztag erfordert gut ausgebildete Fachkräfte. Sie können pädagogische Herausforderungen besser reflektieren und agieren kindorientierter.

Ab dem Schuljahr 2026/27 haben nach und nach alle Grundschulkinder Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung. Im Mittelpunkt unserer Online-Fortbildung „Fachkräfte für die Zukunft – kommunale Handlungsoptionen im Ganztag“ am 4. März 2025 stand die Frage, wie Kommunen zur Fachkräftesicherung und -entwicklung im Ganztag beitragen können, um eine qualitativ hochwertige, am Kind orientierte Ganztagsbildung sicherzustellen.

Die Bedeutung qualifizierter Fachkräfte im Ganztag

Prof. Markus Sauerwein (TU Dortmund) betonte in seinem einführenden Vortrag, dass ein guter Ganztag gut ausgebildete Fachkräfte erfordert. Gleichzeitig sei „Qualität“ ein vielschichtiges Konzept, das verschiedene Zielgruppen unterschiedlich definieren: Eltern legen z.B. Wert auf Entlastung, Kinder auf Freundschaften und eine gute Beziehung zu den Betreuenden, während Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte ihre spezifischen professionsbezogenen Perspektiven mitbringen.

Sauerweins Forschung zeigt, dass gut qualifizierte Fachkräfte pädagogische Herausforderungen besser reflektieren und dass sie kindorientierter agieren. Allerdings sei die Arbeit im Ganztag aufgrund von Arbeitszeiten am Nachmittag, Teilzeitverträgen und geringer gesellschaftlicher Anerkennung oft unattraktiv. Deshalb sei es wichtig, den Beruf aufzuwerten, um Fachkräfte langfristig zu binden.

Fachkräftesituation in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Tina Wiesner (REAB Mitteldeutschland), die auch die Online-Fortbildung moderierte, stellte die Fachkräftesituation in den drei Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen anhand einschlägiger Kennzahlen dar. Es zeigte sich: Während der Fachkräftemangel hier weniger ausgeprägt ist als in vielen westdeutschen Ländern, bestehen dennoch Herausforderungen. Zwar fällt die Betreuungslücke im bundesweiten Vergleich gering aus, allerdings ist der Personalschlüssel hier ungünstiger als in anderen, westdeutschen Bundesländern. Dies deute darauf hin, dass bei der Qualität der Ganztagsbildung  noch Entwicklungspotenzial bestehe.

Besonders in Horten sei die Personalausstattung oft nicht ausreichend, um eine qualitativ hochwertige Betreuung sicherzustellen. Zudem fehle es an attraktiven Arbeitsbedingungen, was die langfristige Fachkräftebindung erschwert. Wiesner machte deutlich, dass strukturelle Verbesserungen notwendig sind, um die Qualität der Ganztagsangebote nachhaltig zu sichern.

Kommunale Strategien zur Fachkräftesicherung

Doch welche Optionen haben Kommunen, um Fachkräfte für die Ganztagsbetreuung zu gewinnen, zu halten und zu qualifizieren? Dr. Sonja Muders von der Fachstelle Fachkräftesicherung/Bildung im Strukturwandel stellte eine Vielzahl von Maßnahmen vor. Bevor die eine oder andere Maßnahme ausgewählt würde, müssten Kommunen jedoch den Bedarf vor Ort ermitteln, etwa durch eine integrierte Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung. Auf dieser Basis könnten kommunale Strategien zur Fachkräftesicherung entwickelt werden.

Kommunen können Ausbildungen im Ganztagsbereich fördern und attraktiver gestalten, etwa durch höhere Ausbildungsvergütungen und frühzeitige Berufsorientierung. Kooperationen mit Hochschulen und Ausbildungsinstituten sowie die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, z.B. durch die Unterstützung von multiprofessionellen Teams, sind ebenfalls mögliche Handlungsfelder.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Partnern. Kommunen können hier Transparenz schaffen, etwa durch Bildungskataloge oder Online-Plattformen, und Musterverträge für Kooperationen bereitstellen. Ein sozialräumliches Monitoring helfe dabei, so Muders, Angebote an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen auszurichten.
Schließlich können Kommunen die Qualität der Ganztagsbetreuung durch regionale Weiterbildungsangebote und Netzwerkarbeit voranbringen, indem sie in Zusammenarbeit mit regionalen Akteuren fachliche Qualifizierungen und Konferenzen anbieten.

Kommunale Praxis: Beispiele und Impulse

In der letzten Stunde der Online-Fortbildung hatten die Teilnehmenden Gelegenheit zu einem moderierten Austausch. Dieser fand in zwei verschiedenen Sessions statt und wurde durch konkrete Impulse für die Entwicklung von Strategien und Maßnahmen auf kommunaler Ebene eingeleitet. 

Rebecca Kutz (AWO Landesverband Sachsen-Anhalt) betonte in der einen Session, dass die Ganztagsförderung in Sachsen-Anhalt, wie auch in die anderen ostdeutschen Bundesländer, vorwiegend in Horteinrichtungen umgesetzt wird. Ein wichtiger kommunaler Steuerungsbereich sei dabei, so Kutz, die Ausstattung und Erreichbarkeit der Horteinrichtungen. Gerade in ländlichen Regionen sind diese oft nicht in direkter Schulnähe, sodass ein gut abgestimmter ÖPNV erforderlich ist. Zudem könnten Kommunen Räume für zusätzliche Angebote wie örtliche Vereine oder Musikschulen bereitstellen.

Zur Qualitätssteigerung könnten Kommunen darüber hinaus Hortsozialarbeit fördern, um Fachkräfte zu entlasten. Ebenso sinnvoll seien digitale Verwaltungstools, die die Organisation erleichtern – etwa ein Portal zur Bündelung von Hortbetreuungsangeboten und zur zentralen Platzvergabe. Auch Fachberatungen für Kitas und Horte sowie die Förderung von Vernetzungen und Fortbildungen trügen zur Fachkräfteentwicklung bei.

Adrian Groschwitz (Deutsche Kinder- und Jugendstiftung) stellte die Begleitung der regionalen Strategie zur Fachkräfteentwicklung im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge vor. In einem moderierten Prozess wurden hier regionale Netzwerke gestärkt. In Fokusgruppengesprächen mit verschiedenen relevanten Akteuren – z. B. Auszubildende und Fachkräfte bzw. Träger der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe – wurden Erfahrungen, Herausforderungen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten identifiziert. Diese bildeten die Grundlage für passgenaue Handlungsempfehlungen. Die geschilderte Strategie bezieht sich auf den Bereich der frühkindlichen Bildung, bietet aber auch Impulse für die kommunal (mit-)gestaltete Fachkräfteentwicklung in der Ganztagsbildung.

Fazit: Austausch und Anerkennung als Schlüssel

Die Fortbildung zeigte, dass Kommunen eine zentrale Rolle in der Fachkräftesicherung spielen können. Neben Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften wurde deutlich, dass auch strukturelle Rahmenbedingungen verbessert werden müssen. So zeigte sich in der Diskussion mit den Teilnehmenden, dass sich Herausforderungen bei der kommunalen Gestaltung der Ganztagsbildung vor allem dadurch ergeben, dass der Rahmen für die schulische Bildung durch die Bundesländer gesetzt wird, während die Kinder- und Jugendhilfe sowie das kommunale Bildungsmanagement auf Grundlage kommunaler Vorgaben und Verpflichtungen agieren. 

Eine Möglichkeit zur Verzahnung der verschiedenen Bildungs- und Betreuungsformen auf kommunaler Ebene bestünde in der bereits genannten integrierten Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung. Kommunale Handlungsmöglichkeiten umfassen darüber hinaus die Verbesserung der Ausbildungsbedingungen, die Unterstützung durch Fachberatung und Vernetzung sowie Investitionen in Infrastruktur und digitale Verwaltungsprozesse. Dabei wird deutlich: Qualität und Fachkräftesicherung gehen Hand in Hand.

Als REAB Mitteldeutschland unterstützen wir sowohl den interkommunalen Austausch in Mitteldeutschland als auch einen überregionalen Austausch, um gemeinsam nachhaltige Lösungen für die Fachkräftesicherung zu entwickeln. Der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften bleibt hoch – nur durch koordinierte Maßnahmen auf kommunaler, regionaler und bundesweiter Ebene kann eine qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung langfristig sichergestellt werden.

Kontakt

Tina Wiesner, Stellv. Leitung

Tel.: 0345-68178 101 E-Mail: twiesner@dji.de