Bildungswerkstatt

Bildungsangebote für Zugewanderte
koordinieren III:
Integration in Ausbildung und Arbeit

Unsere erste Fortbildungsveranstaltung im Jahr 2018 für das mitteldeutsche Personal des Programms „Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“ setzte den Schwerpunkt auf Integration in Ausbildung und Arbeit.

Impuls

Dr. Tilly Lex referiert zur Rolle von Kommunen bei der Integration von jungen Zugewanderten in Ausbildung und Arbeit,

In ihrem Einstiegsvortrag verweist Dr. Tilly Lex, langjährige Mitarbeiterin am Deutschen Jugendinstitut i. R., auf datenbasierte Erkenntnisse aus ihrer Forschungstätigkeit. Sie legt dar, wie sich in der Bundesrepublik Integrations- und Kontrollbemühungen im Bereich Migration zum Teil widersprächen. Zudem eröffnet sie den Kommunalvertreterinnen und -vertretern, in ihren Bemühungen um die Einbindung von Geflüchteten in den kommunalen Arbeitsmarkt nicht nachzulassen und Spielräume zu nutzen.

Sowohl im Aufenthaltsrecht als auch bei der Gestaltung von ergänzenden Bildungsangeboten gäbe es Möglichkeiten, die der Arbeitsmarktintegration nützen würden. Insbesondere die Kooperation mit zuständigen Behörden wie Ausländerämtern, den Agenturen  für Arbeit und Jobcentern sei eine wichtige Voraussetzung, um vor Ort gelingende Integrationsangebote entwickeln und Zugewanderte integrieren zu können. Am Übergang Schule-Beruf mangele es nicht an guten Angeboten, sondern oftmals an Koordination, so die zentrale These der Münchnerin.

Städte und Landkreise integrieren anders

Nach einer kurzen Auswertung des Gehörten in „Murmelgruppen“ bitten wir die Teilnehmenden der Bildungswerkstatt, sich jeweils der Landkreis- oder der Städtegruppe anzuschließen. Jede Gruppe diskutiert Aufgaben, Strukturen, aktuelle Themen, genutzte Förderprogramme und die Zusammenarbeit mit BAMF, Jobcenter und Agentur für Arbeit in Bezug auf die Integration von Geflüchteten in Arbeit und Ausbildung. Hierbei kristallisieren sich für Landkreise und kreisfreie Städte zum Teil unterschiedliche Herausforderungen heraus – von der Problematik ÖPNV bis hin zu andersartigen Bildungs- und Wirtschaftsstrukturen.

Wie in den Vorläuferveranstaltungen, wird die unterschiedliche Anbindung des Programmpersonals innerhalb der Verwaltungen als Gelingensfaktor hervorgehoben. So ermöglicht oder verhindert die Anbindung den Zugang zu bestehenden Gremien oder die Initiierung von Arbeitsgruppen, denen Wirtschafts- und Arbeitsmarktakteure angehören. In den beiden Diskussionsrunden wird es konkret. Die Bildungskoordinatorinnen und -koordinatoren geben Einblick in ihre aktuellen Aufgaben und Modellprojekte, unter anderem die Entwicklung von Bildungsketten in Magdeburg oder das Vorhalten eines Handwerksgymnasiums (Gymnasium mit starkem Einschlag in Richtung duale Ausbildung) in Erfurt.

Ein Integrationskonzept für den Kreis Recklinghausen

Nach der Mittagspause trägt Sabine Fischer, Fachdienstleiterin des Kommunalen Integrationszentrums (KIZ) Kreis Recklinghausen, dessen Aufgaben, Struktur und Ergebnisse in der Landkreis-Arbeitsgruppe vor. Das KIZ existiert seit August 2013 und ist eines von 53 geförderten Kommunalen Integrationszentren im Land Nordrhein-Westfalen. Die ca. zehn Mitarbeitenden zeichnen sich verantwortlich für Transparenz, Koordination, Vernetzung und die Umsetzung der Schwerpunktthemen „Integration in Bildung“ entlang der Bildungskette vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung sowie „Integration als Querschnittaufgabe“ in allen Handlungsfeldern einer Kommune.

Fischer berichtet von positiven Beispielen der Integration in der frühen Bildung und Seniorenbildung, fügte jedoch selbstkritisch hinzu, dass die Abstimmung innerhalb der Verwaltung noch ausbaufähig ist und dadurch Doppelstrukturen vermeidbar wären. Die volle Konzentration der Bildungskoordinatoren hat Fischer bei ihren Ausführungen zur Erarbeitung des Integrationskonzepts, konnte sie doch die konsequente Beteiligung aller kreisangehörigen Städte und der Betroffenen für ein gemeinsam abgestimmtes Handeln glaubhaft verdeutlichen.

Ihr Fazit nach mehr als vier Jahren intensiver Arbeit: „Ich beantrage jetzt nicht mehr alle Projekte.“ Förderprogramme können einerseits ein wichtiger Initiator sein, andererseits wäre eine Pauschale sinnvoller, die Kommunen für ihre lokal identifizierten spezifischen Aufgaben nutzen könnten. Am Ende gibt es aufmunternde Worte der Referentin an die anwesenden Koordinatorinnen und Koordinatoren aus Mitteldeutschland: „Ich bin begeistert von der Auswahl der Schwerpunktthemen, der Vielfalt der Beispiele sowie deren praktische Umsetzung in Ihren Kommunen. Auch ich habe heute einiges gelernt.“

Migrationserfahrene Stadt Salzgitter mit Konzept und Haltung

Henning Loß, Bildungsmanager der Stadt Salzgitter, rüttelt die Städte-Arbeitsgruppe mit einem Vortrag zur Integration von Geflüchteten auf. Sein Ansatz: Zuwanderung muss begleitet werden! Salzgitter verzeichnete in den letzten Jahren die höchste Zuwandererquote pro Kopf der Bevölkerung.

Letztes Jahr wurde aufgrund der anhaltenden Zuwanderung von der Stadt ein Zuwanderungsstopp verhängt. Die Stadt konzentriert sich derzeit auf die Integration der Geflüchteten, die in den Jahren 2015 bis 2017 angekommen waren. An sich besitzt Salzgitter dafür die besten Voraussetzungen. Die niedersächsische Stadt hat seit den fünfziger Jahren Erfahrungen mit Migration, es gibt einen beachtlichen Wohnungsleerstand, alle Akteure sind gut vernetzt, der Arbeitsmarkt ist aufnahmebereit und die Verwaltungsspitze sieht in der Integration von Zugewanderten ein Haupthandlungsfeld. Eine integrierte Sozialstrukturplanung ermöglicht passgenaue Präventions- und Bildungsketten für die Zielgruppe. Mit seinem Vortrag stellt Loß heraus, wie es laufen kann, wenn alle Prozesse optimiert sind und die Akteure kooperativ handeln. 

Konzepte aus dem Westen – Wunschmusik für Mitteldeutschland?

Für Mitteldeutschland ist dieses Szenario vor allem Zukunftsmusik. Dennoch braucht es von Zeit zu Zeit gute Beispiele, denen man nacheifern und auf die man sich berufen kann. Eine Teilnehmerin fasst ihren Konflikt zwischen Idealbild und Ist-Zustand in ihrer Kommune so zusammen: „Auch über mir schwebt das Damoklesschwert der ununterbrochenen Bildungsketten. Für mich ist es deshalb bedrohlich, weil mir Zeit und verantwortliche Personen fehlen, um diese zu gewährleisten."

In einer abschließenden Gesprächsrunde debattieren Sabine Fischer, Henning Loß sowie Sophie Schlehahn aus dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld, Sprecherin der Landkreisgruppe, und Marcus Oertel aus Dresden, Sprecher der Städtegruppe, über mitteldeutsche Expertise sowie Übertragbares aus Salzgitter und Recklinghausen. In der Diskussion stehen der Nutzen von Bildungsketten, die Notwendigkeit von Transparenz der Bildungsangebote und bisherige blinde Flecken in der Arbeit der Bildungskoordinierung im Vordergrund.

Einige nutzen die Gelegenheit und ergänzen mit persönlichen Statements. So steht beispielsweise die Frage zur originären Rolle und Funktion der Bildungskoordinatoren im Raum – Kann er/sie Bildungsketten überhaupt gewährleisten, berührt er/sie damit nicht zentrale Aufträge der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern oder hat er/sie eher steuernde Funktion? Hier drifteten die Ansichten auseinander.   

Aus dem TransMit-Team moderieren und begleiten Ulrike Richter, Peggy Diebler, Anke März, Alexander Lorenz und Norbert Blauig-Schaaf diese Bildungswerkstatt. Die nächste Veranstaltung für Bildungskoordinierende wird wie gewohnt im Halbjahresturnus voraussichtlich im August 2018 stattfinden.

Kontakt

Ulrike Richter, Veranstaltungen

Tel.: 0345-6817821 E-Mail: urichter@dji.de