Fortbildung
Nachdem wir uns im letzten Jahr mit dem Übergang von der KiTa in die Grundschule auseinandergesetzt haben, stand am 13. Juni 2018 in Halle die Bedeutung eines weiteren Bildungsübergangs im Fokus. In dieser Veranstaltung wurden Möglichkeiten zur Gestaltung des Übergangs von der Schule in die Ausbildung und vor allem dann in den Beruf aus kommunaler Sicht erörtert.
Um einen Ausgangspunkt für die Veranstaltung zu setzen, stellt Matthias Müller (TransMit) in seinem Einführungsvortrag verschiedene Panelstudien des DJI vor, die sich besonders mit dem Übergangsgeschehen benachteiligter Jugendlicher beschäftigten und diese weitreichend untersucht haben. Hierbei werden für die Teilnehmenden neben gegenwärtigen Vorstellungen und Herausforderungen junger Menschen auch die generelle „Lebensphase Jugend“ mit aktuellem Istzustand sichtbar gemacht.
Müller setzt dort an, um die Bedeutung in Bezug auf Chancengleichheit und eine hohe Pfadabhängigkeit von Bildungsübergängen im Allgemeinen hervorzuheben. Dabei erwähnt er auch das hohe Risikopotenzial, das insbesondere der Übergang im Jugendalter hinsichtlich Ausbildung und Arbeit birgt und macht auf die Konsequenzen aufmerksam, die später die Kommune tragen muss, wenn der Übergang von der Schule in den Beruf misslingt.
Ausgangspunkt: „Lebensphase Jugend“
Die Komplexität des Themas zeigt sich durch weitere quantitative und qualitative Studien und Daten, die sowohl regionale als auch bundesweite Unterschiede erfassen, wie beispielsweise die demografische Entwicklung und die Angebots-Nachfrage-Relation bezüglich der Ausbildungsplätze vor Ort, die bei weitem nicht erklären, wie es um die Ausbildungschancen der Jugendlichen bestellt ist.
Müller stellt das regionale Übergangsgeschehen sowie Voraussetzungen von Schulabgängern und Einflussfaktoren vor, die das vorzeitige Lösen von Ausbildungsverträgen sowie den Schulabbruch beschreiben. Er betont immer wieder, wie substanziell es ist, Kausalität und Korrelationen mit ursächlichen Variablen voneinander abzugrenzen und sich die einzelnen Faktoren einer Erhebung genauer anzusehen, um die Daten entsprechend interpretieren zu können. Um passgenaue kommunale Lösungen für dieses komplexe Thema zu finden, sollen nun in dieser Veranstaltung Möglichkeiten eines regionalen Übergangsmanagements vorgestellt und diskutiert werden.
Nach einer kurzen Kaffeepause, die auch dazu diente, den mit Theorie und Empirie gut gefüllten Input zu verarbeiten, erfolgt ein Bericht aus dem Salzlandkreis, wie ein kommunales Übergangsmanagement praktisch umgesetzt werden kann.
Aufbau eines regionalen Übergangsmanagements
Wie viele andere Landkreise ist auch der Salzlandkreis vom demografischen Wandel stark betroffen. Vor Ort fehlen insbesondere junge Leute und deshalb steht der Landkreis vor der Aufgabe, die verbliebenden jungen Bewohnerinnen und Bewohner ganz besonders zu fördern. Anke Meyer, Fachdienstleiterin Sozial-, Jugendhilfe- und Schulentwicklungsplanung im Salzlandkreis, erläutert in ihrem Vortrag, wie sie trotz einer erschwerten Ausgangsituation aufgrund einer Kreisgebietsreform vor bereits 10 Jahren mit dem Aufbau eines regionalen Übergangsmanagement vor Ort begann.
Gestartet mit der Unterstützung des Förderprogramms „Regionales Übergangsmanagement“ (RÜM) im Rahmen der Bundesinitiative „Perspektive Berufsabschluss“ (BMBF) schlossen sich weitere Förderprogramme an wie das „Regionale Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt“ (RÜMSA), aber auch initiierte Arbeitsbündnisse des Landkreises, wie „Jugend und Beruf“.
Mithilfe dieser verschiedenen Programme konnten die Akteure aus den Altkreisen verbindlich zusammengebracht und der Austausch zwischen ihnen stark verbessert werden. Vorhandene lokale Ressourcen wurden gebündelt und entsprechend ergänzt. In der Landkreisverwaltung gibt es nun eine zentrale Anlaufstelle, denn es ist ein besonderes Anliegen, die Transparenz nach außen zu erhöhen. Dadurch sollen auch Schulen und Eltern einen guten Gesamtüberblick erhalten – insbesondere sollen sich aber die jungen Erwachsenen selbst besser informieren können.
Aus riesigem Felsen werden Kieselsteine
Der Salzlandkreis möchte zukünftig nicht nur über die Jugendlichen, sondern auch vermehrt mit ihnen sprechen – sie sollen an der Diskussion zum Thema „den Übergang von der Schule in den Beruf gestalten“ beteiligt sein. Und deshalb gab es 2014 eine erste „Jugendkonferenz“, zu der Schülerinnen und Schüler eingeladen wurden, um sich mit den kommunalen Akteuren auszutauschen.
„Aus einem riesigen Felsen, der im Weg zum Übergangsmanagement lag, sind nun viele Kieselsteine geworden – jedoch mit einigen Spitzen, sodass ich mich noch nicht traue, darauf barfuß zu laufen. Aber wir arbeiten auch daran!“, so erzählt Meyer offen und ohne Euphemismus vom steinigen Weg zum regionalen Übergangsmanagement in ihrem Landkreis. Einige Kommunen können sich mit den beschriebenen Problemen und Bedarfen identifizieren und von den Lösungen profitieren, die der Salzlandkreis gefunden hat.
Noch gibt es viel zu tun im Salzlandkreis, jedoch arbeiten alle Akteure weiterhin ergiebig daran, das Übergangsmanagement stetig zu verbessern, damit auch bald der Weg für junge Menschen in der Kommune beim Übergang von der Schule in den Beruf geebnet ist.
Dieser Input veranlasst in der nachfolgenden Mittagspause rege Gespräche. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschen sich aktiv über Erfahrungen in ihren Kommunen aus. In der folgenden Podiumsdiskussion können die Anwesenden dann auch Fragen an zwei Experten des DJI stellen, die Kommunen seit zehn Jahren wissenschaftlich zum Übergang Schule-Beruf begleiten.
Regionale Initiativen als Stellschraube zur verbesserten Abstimmung
Die Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Übergänge im Jugendalter“ und Leiterin der Außenstelle des DJI in Halle, Prof. Dr. Birgit Reißig, und ihr DJI-Kollege Frank Tillmann berichten in der Podiumsdiskussion über ihre Arbeit und Erfahrungen mit den Kommunen.
Sie gehen darauf ein, welche Besonderheiten sich im mitteldeutschen Raum ergeben, wie wichtig der Übergang nach der Schule insbesondere für benachteiligte junge Frauen und Männer ist und welche Schlüsse sie aus den langjährigen Erfahrungen vor Ort ziehen. Wichtig sei vor allem, dass Jugendlichen die Möglichkeit gegeben wird, sich selbst besser kennenzulernen, Interessen sowie Kompetenzen zu entwickeln und ihre Fähigkeiten auszutesten.
Zusammenfassend kristallisierte sich dabei heraus, dass sich regionale Initiativen als Stellschraube zur verbesserten Abstimmung der Übergangsprozesse erwiesen haben. Das kommunale Übergangsmanagement muss Arbeitsfelder sowohl auf der operativen als auch auf der strukturellen Ebene als Rahmen in den Blick nehmen und aufeinander abstimmen, um Wirkung zu zeigen.
Aspekte für ein gutes Gelingen
Zudem sind für das Gelingen viele der im regionalen Übergangsmanagement zentralen Aspekte wie die Einrichtung akteursübergreifender Kooperationen und Netzwerke oder der Aufbau eines Datenmonitorings unabdingbar – auch in Bezug auf andere Bildungsübergänge, die die Menschen ein Leben lang begleiten. So werden also auch Weiterbildungsangebote im Erwachsenenalter einen immer höheren Stellenwert einnehmen und damit auch der Bereich des non-formalen Lernens.
Im Anschluss geben Reißig und Tillmann Antworten auf Fragen, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigen, beispielsweise zur vorgestellten Panelstudie und generell zu Möglichkeiten der kommunalen Datenerhebung und Auswertung für bessere Planungsprozesse.
Ein Netz spinnen, ohne dabei selbst in diesem zu sitzen
Nach einer letzten Pause stellt Stefanie Teichmann eine Idee vor, an der in Jena momentan gefeilt wird. Es stellte sich heraus, dass vor Ort viele verschiedene Gremien tätig, jedoch nicht ständig miteinander verbunden sind. Hier suchte Bildungskoordinatorin Teichmann mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachdienst Jugend und Bildung der Stadt Jena nach einer Lösung, um Gremienarbeit zu leisten, ohne die laufenden Strukturen umzukrempeln oder selbst in einem Ausschuss die Organisation und Leitung zu sein.
Ausgangspunkt dieser Überlegungen ist, dass eine zentrale Gremienorganisation das Risiko besitzt, mit personellen Veränderungen oder Auslaufen von Projektmitteln zu zerfallen. Stattdessen soll das Bildungsmanagement der Stadt die Schnittstelle sein, um die Gremien untereinander besser abzustimmen. Sie erläutert das zukünftige Zusammenspiel mit einem Organigramm, dass sie in der Erzählung entstehen lässt und es bleibt spannend, wie sich diese Idee umsetzen lassen wird.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verließen die Fortbildung mit viel Input und vielen Ideen zur Übergangsgestaltung sowie verschiedenen Strategien, aber auch mit neuen Kontakten, um sich zukünftig über das Übergangsmanagement mit anderen Kommunen auszutauschen.
Weiterlesen:
Mehr zum Thema „Übergang Schule – Beruf“ lesen Sie in unserem aktuellen TransMit-Magazin, Ausgabe 5. Dem Übergang von der KiTa in die Grundschule, der bereits frühzeitig die Weichen für das Leben legt, widmet sich unser Magazin, Ausgabe 4.
Ulrike Richter, Veranstaltungen