Vor welchen Herausforderungen stehen Kommunen im Bildungsbereich? Wie bearbeiten sie ihre Bildungsthemen und welche Ressourcen und Unterstützung stehen ihnen dabei zur Verfügung? Das waren die Fragen, mit denen die Regionalen Entwicklungsagenturen Mitteldeutschland und Bayern-Süd auf kommunale Mitarbeitende in ihrem Einzugsgebiet zugegangen sind. Der Rücklauf der Online-Erhebung war enorm: Insgesamt beantworteten Personen aus 55% aller angeschriebenen Kommunen unseren Online-Fragebogen. An dieser Stelle blicken wir genauer auf die Ergebnisse aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Im Sommer 2024 befragten die Regionalen Entwicklungsagenturen Mitteldeutschland und Bayern-Süd Kommunen zu ihren Aufgaben und Strukturen im kommunalen Bildungsmanagement. Die Untersuchung förderte spannende Befunde zu Tage.
Seit einigen Jahren nutzen zahlreiche Kommunen in Mitteldeutschland Instrumente und Arbeitsweisen des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements, um ihre Bildungslandschaft nachhaltig und zukunftsorientiert zu steuern. Als Regionale Entwicklungsagenturen für kommunales Bildungsmanagement interessieren uns die Erfahrungen und Voraussetzungen der Bildungsplanungsarbeit in den Kommunen. Um diese systematisch zu erfassen, haben die Regionalen Entwicklungsagenturen Mitteldeutschland und Bayern-Süd im Sommer 2024 kommunale Mitarbeitende im Bildungsbereich zu ihren Aufgaben und Strukturen bei der Bildungsplanung in ihren Kommunen befragt. (An dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an alle Mitarbeitenden, die sich an der Befragung beteiligt haben.) Dabei konnten einige aufschlussreiche Erkenntnisse gewonnen werden.
Rückendeckung durch Vorgesetzte und politische Spitze
Ein zentrales und erfreuliches Ergebnis ist, dass sich die befragten Bildungsplanerinnen und -planer in ihrer Arbeit durch ihre direkten Vorgesetzten überwiegend unterstützt fühlen: In 80 Prozent der untersuchten Kommunen wird der Rückhalt durch die direkten Vorgesetzten als sehr oder eher gut eingeschätzt. Nur drei Befragte (11 %) bewerten diese als eher schlecht. Der Rückhalt der politischen Spitzen wird vergleichsweise seltener als sehr oder eher gut bewertet: 50 % der befragten Akteure aus der Kommunalverwaltung fühlen sich von der politischen Spitze unterstützt.
Die Befunde zeigen: Obwohl das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement (DKBM) darauf abzielt, mehrdimensionale Herausforderungen im Bildungssektor durch Aushandlungen zwischen vielfältigen Perspektiven zu begegnen und Lösungen in Netzwerken mit gleichberechtigten Partnerinnen und Partnern zu entwickeln, spielen die Hierarchien innerhalb der Verwaltungen, in die die kommunale Bildungsplanung eingebettet ist, nach wie vor eine große Rolle. Die Unterstützung der politischen Spitze und der direkten Vorgesetzten eröffnet Bildungsmanagerinnen und -managern Handlungsspielräume und erleichtert in der Regel die Planung eigener Projekte. Außerdem gilt deren Vertrauen als zentrale Ressource in der kommunalen Bildungssteuerung, um Kooperationen innerhalb der Verwaltung zu initiieren und tragfähige bereichsübergreifende Arbeits- und Abstimmungsprozesse zu etablieren.
Zurückhaltende Einschätzung finanzieller Ressourcen vor allem in Landkreisen
Eine zurückhaltende Einschätzung ergibt sich bezüglich der finanziellen und personellen Ressourcen. Beide Aspekte werden insgesamt schlechter eingeschätzt als der Rückhalt durch die Vorgesetzten und die politische Spitze. Während immerhin 40 % der Befragten angaben, die personelle Ausstattung sei in ihrer Kommune eher gut oder sehr gut, schätzten nur 30 % oder 7 Kommunen die finanzielle Ausstattung eher bzw. sehr gut ein. Auffällig ist, dass Mitarbeitende aus Landkreisen ihre Ressourcenausstattung schlechter einschätzen als diejenigen aus kreisfreien Städten. Am deutlichsten fällt der Unterschied bei der finanziellen Ausstattung aus. Er könnte darauf zurückzuführen sein, dass kreisfreie Städte über eine deutlich höhere Wirtschafts- und Steuerkraft verfügen als Landkreise bzw. kreisangehörige Gemeinden. Allerdings müssten zur genaueren Einschätzung der fiskalischen Situation von Kommunen alle weiteren Einnahmen (u. a. Gebühren, Zuwendungen von Bund und Ländern) und Ausgaben (u. a. soziale Leistungen, Investitionen) einbezogen werden. Zwischen mitteldeutschen Kommunen und jenen aus Südbayern finden sich dagegen keine Unterschiede in der Bewertung der Ressourcenausstattung.
Die Ergebnisse zeigen, wie vielfältig die Rahmenbedingungen und Umsetzungsformen kommunaler Bildungssteuerung in den mitteldeutschen Kommunen sind. Während die Ressourcen von vielen Befragten positiv bewertet werden, gibt es sechs Kommunen, die ihre finanziellen und personellen Ressourcen, sowie den Rückhalt der Vorgesetzten und politischen Spitze, im Gesamten unterdurchschnittlich einschätzen.
Brennende Themen und wie sie gesetzt werden
Aktuell haben Kommunen bundesweit nicht nur gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie die Digitalisierung, den Mangel von Arbeits- und Fachkräften oder die bereits angesprochene schwierige Haushaltslage zu bewältigen. Speziell im Bildungsbereich ergeben sich mit dem Ganztagsförderungsgesetz und dem Startchancenprogramm neue kommunale Handlungsverantwortungen. Welche Bildungsthemen stehen bei den von uns befragten Kommunen in Mitteldeutschland im Vordergrund?
Auf die Frage, welches ihre aktuellen Schwerpunktthemen im Bereich Bildung seien, wurden unter den Befragten die Themenfelder Fachkräftesicherung und politische Bildung mit jeweils 22 % am häufigsten genannt. Es folgen Erwachsenenbildung (19 %), frühkindliche Bildung (19 %) und Ganztagsbildung (19 %). Auffällig ist die inhaltliche Nähe dieser Themen. So ließe sich etwa Erwachsenenbildung, vor allem im Sinne schulischer und beruflicher Weiterbildung, mit dem Bereich Fachkräftesicherung bündeln und als Indikator für die Herausforderung von Kommunen verstehen, mit dem Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung und der damit verbundenen Bedrohung der regionalen Wirtschaftsfähigkeit umzugehen. Weiterhin könnten frühkindliche und ganztägige Bildung als ein Themenkomplex zusammengefasst werden, der die Aufgaben der Kommune als Gestalterin bedarfsgerechter und qualitativ hochwertiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder bis zum Ende des Grundschulalters beschreibt.
Wir haben die Personen aus den mitteldeutschen Kommunen zudem gefragt, wie Schwerpunktthemen in ihrer Kommune gesetzt werden. Mehrfachnennungen waren hier möglich. Am häufigsten wird die Bearbeitung von Themen durch die Verwaltungsleitung veranlasst (51,9 %), etwas seltener durch politische Beschlüsse (44,4 %), durch das Bildungsmanagement selbst (40,7 %) oder die Auflagen eines Förderprogramms (29,6 %). Eine relativ geringe Bedeutung haben unserer Befragung zufolge die Themensetzungen durch begleitende Gremien, wie einen Bildungsbeirat oder Steuerungsgruppen (25,9 %). Dieser Befund zeigt, dass die Prioritätensetzung eher „klassischen“ Wegen folgt und verwaltungsinterne wie -externe Gremien nicht vorrangig zur strategischen Themensetzung im Bildungsbereich genutzt werden.
Ausblick
In der Online-Erhebung wurden noch viele weitere spannende Fragen gestellt, etwa zu Kooperationen mit verschiedenen Einrichtungen und Akteuren oder dazu, wie wirksam das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement eingeschätzt wird. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Regionalen Entwicklungsagentur Bayern-Süd durchforsten wir derzeit das erhobene Datenmaterial nach den Antworten auf diese Fragen und nach Zusammenhängen und Auffälligkeiten: Lässt sich der Unterschied zwischen Landkreisen und kreisfreien Städten, der bei der Frage der Ressourcenausstattung deutlich wurde, auch an anderen Stellen beobachten? Inwiefern lassen sich Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Kommunen erkennen? Und nicht zuletzt: welche Unterstützung wünschen sich die Kommunen bei der Bewältigung der bildungsbezogenen Themen von den REABs? Die Ergebnisse unserer Online-Erhebung werden wir im Herbst dieses Jahres in einer Praxisbroschüre veröffentlichen.