Rund 500 Akteure aus Kommunen, Politik und Fachwissenschaft aus ganz Deutschland kamen am 10. und 11. September zusammen, um sich über aktuelle Herausforderungen im Bildungsbereich auszutauschen. Im Zentrum standen die Themen Fachkräftesicherung, die Umsetzung des rechtlichen Anspruchs auf ganztägige Bildung und die Potenziale künstlicher Intelligenz bei der Bewältigung kommunaler Aufgaben in diesen und anderen Bereichen.
Den inhaltlichen Auftakt machte mit Prof. Sauerwein von der TU Dortmund ein renommierter Forscher im Feld der ganztägigen Bildung. Mit Augenzwinkern und ernstem Unterton zeigte er den Teilnehmenden in seiner Keynote eine Folie, die er, wie er anmerkte, schon seit vielen Jahren in der Form präsentiert: die Herausforderungen im Ganztag. Fehlende Betreuungsplätze, Fachkräftemangel, unzureichende Räume, knappe finanzielle Mittel und die schwierige Kooperation zwischen verschiedenen Professionen sind nur einige der Hürden, mit denen die Umsetzung des Ganztags schon seit seiner Einführung konfrontiert ist.
Um nur eine Schwierigkeit herauszuheben: Für die Umsetzung des rechtlichen Anspruchs auf ganztägige Bildung und Betreuung im Primarbereich fehlen schätzungsweise 100.000 Fachkräfte. Deshalb sei es absehbar, dass die Bedarfe im Ganztag nicht allein durch qualifiziertes Fachpersonal abzudecken seien. Schon jetzt sind es pädagogische Laiinnen und Laien, die den Kern des Ganztagsgeschäftes absichern, bspw. Hausaufgabenbegleitung oder Betreuung des Mittagessens.
Auf diese Weise aber könne, wie der Professor für Theorie und Empirie der Sozialpädagogik heraushob, der Anspruch der Öffnung von Schule für die vielfältigen Lebenswelten und Bedarfslagen der Kinder im Ganztag nicht erfüllt werden. Dafür brauche es pädagogisch qualifizierte Personen, auch aus dem Sozialraum, die nicht nur punktuell, randständig oder für begrenzte Zeit, sondern langfristig im Ganztag eingesetzt sind.
Fachkräftesicherung gestalten
Doch Fachkräfte fehlen nicht nur im Ganztag. Wie Kommunen regionale Unternehmen bei der Sicherung ihrer zukünftigen Fachkräftebedarfe unterstützten, zeigten Germaine Schleicher, Projektleiterin Koordinierungsstelle Berufs- und Studienorientierung und Fachkräftesicherung im Landkreis Nordsachsen, Sven Keyselt, Amtsleiter Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft und Eike Petzold, Betriebsleiterin des GlasCampus Torgau.
Seit 2019 bietet der GlasCampus am Beruflichen Schulzentrum in Torgau eine zentrale Anlaufstelle für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften in der Glas-, Keramik- und Baustoffindustrie. Als Gemeinschaftsprojekt des Landkreises Nordsachsen, der TU Bergakademie Freiberg sowie branchenbezogener Unternehmen ist der GlasCampus ein wichtiges Puzzleteil in der regionalen Fachkräftesicherung.
Die Vernetzung von Unternehmen, Bildungseinrichtungen und lokalen Akteuren ist dabei entscheidend. Ohne diese enge Zusammenarbeit wäre es nicht möglich, Fachkräfte in der Region erfolgreich zu sichern und weiterzuentwickeln, wie Sven Keyselt und Germaine Schleicher vom Landkreis Nordsachsen betonten.
Superpower künstliche Intelligenz (KI)
Der zweite Konferenztag wurde inhaltlich mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ eingeläutet. Annika Krellmann von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) stellte Potenziale, Herausforderungen und Gelingensbedingungen der Anwendung künstlicher Intelligenz in Kommunalverwaltungen vor.
Sindre Wimberger, der in der Stadtverwaltung Wien für Kommunikation und Medien zuständig ist, gab spannende Impulse zur Nutzung etwa von ChatGPT im Arbeitsalltag einer Kommunalverwaltung. Die „Superpower KI“ müsse noch viel mehr erschlossen werden und könne viele Vorgänge und Aufgaben erleichtern.
Dabei sei zu beachten, dass die mit KI gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse immer auch kritisch geprüft und von der Person, die sie „in Auftrag gegeben hat“, verantwortet werden müssten. „Denn KI ist nicht objektiv. Sie ist nur so gut wie die Informationen, die in sie eingepflegt wurden – und die stammen von Menschen“, so Wimberger.
REAB-Mitteldeutschland mittendrin
Als REAB Mitteldeutschland waren wir mit einem Marktstand auf der Bundeskonferenz vertreten. Wir diskutierten dort den Einsatz des vom Zentrum für Sozialforschung in Halle entwickelten Sozialitätsindex‘ (SIX) im Bildungsmonitoring und seine Anwendungsmöglichkeiten zur kommunalen Planung des Ganztags. Der SIX ist ein kurzes und leicht einzusetzendes Instrument zur Messung des sozialen Zusammenhalts und der Einschätzung der Lebensqualität im Quartier.
Deutlich wurde, dass der SIX eine spannende Möglichkeit bietet, amtliche Kennzahlen zum Sozialraum durch eine subjektive Perspektive zu ergänzen. So ließe sich mit Hilfe des SIX untersuchen, wie der soziale Zusammenhalt in einem Quartier mit der Bereitschaft von Vereinen oder zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammenhängt, sich aktiv in die Gestaltung ganztägiger Bildung einzubringen.
Und andersherum: Wie wirkt sich eine aktive, in den Sozialraum vernetzte und agierende Schule auf die wahrgenommene Lebensqualität und den sozialen Zusammenhalt in einem Quartier aus? Spannende Ansätze, die für das kommunale Bildungsmonitoring fruchtbar gemacht werden können.
Der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung, die Fachkräftesicherung und die Digitalisierung in Bildung und Verwaltung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, die Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern sind nur einige der zahlreichen Aufgabenfelder im kommunalen Bildungsmanagement. In den kommenden zwei Jahren werden zahlreiche Kommunen Wege suchen und ausprobieren, um in diesen Bereichen voranzukommen.
Die Bundeskonferenz hat auf jeden Fall Impulse und Inspirationen geboten, wie dies gelingen kann und wie das Fachnetzwerk für kommunales Bildungsmanagement mit seinen Fachstellen und den Regionalen Entwicklungsagenturen (REAB) dabei unterstützen kann. Die REAB Mitteldeutschland wird auch bei der nächsten Bundeskonferenz wieder vertreten sein. Schon jetzt freuen wir uns auf spannende Einblicke und inspirierende Impulse.
Michael Brock, Kommunalberatung Sachsen