Fachkräftemangel in der Bildung –
was Kommunen dagegen tun können

Der Fachkräftemangel macht vor dem Bildungsbereich nicht Halt. Bildung ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und kommunale Pflichtaufgabe. Deshalb ist die Fachkräftegewinnung für den Bildungsbereich zentrales Anliegen der Kommunen. Kommunales Bildungsmanagement bietet hierfür nützliche Instrumente. Der Artikel zeigt kommunale Gestaltungsoptionen entlang der nationalen Fachkräftestrategie auf und illustriert interessante Ansätze aus Mitteldeutschland.  

Was tun bei Lehrermangel?

Der DKBM-Ansatz bietet Kommunen die Möglichkeit, den Bildungsbereich im Sinne eines lebenslangen Lernens ganzheitlich zu betrachten.

Bildung ist Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das bedeutet, Kommunen sind verpflichtet, grundlegende Dienstleistungen im Bildungsbereich, wie etwa ein qualitatives und bedarfsgerechtes Angebot der frühkindlichen Bildung oder regionale Aus- und Weiterbildungsangebote, für ihre Bürgerinnen und Bürger vorzuhalten. Der zunehmende Fachkräftemangel im Bildungsbereich gefährdet jedoch in vielen Kommunen die Erfüllung dieser Pflichtaufgaben. Daher ist es zentrales Anliegen der Kommunen, aktiv zur Fachkräftesicherung in der Bildung beizutragen.

Doch was können Kommunen tun, um Fachkräfte im Bildungsbereich zu sichern? Der Ansatz des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements (DKBM) bietet die Möglichkeit, den Bildungsbereich im Sinne eines lebenslangen Lernens ganzheitlich zu betrachten. Damit lassen sich entlang der Bildungskette die jeweiligen Maßnahmen zur Fachkräftesicherung lückenlos in den Blick nehmen.

Werkzeuge des datenbasierten kommunalen Bildungsmanagements

Mit einer guten Datenbasis können Kommunen sich zunächst ein genaueres Bild von der Lage vor Ort verschaffen. Wo und in welchem Ausmaß gibt es vor Ort einen Fachkräftebedarf? Kommunales Bildungsmonitoring kann viele verschiedene Daten aus unterschiedlichen Quellen (kommunale Fachplanungen, Agentur für Arbeit oder Landesämter u. a.) zusammenführen. Anschließend lässt sich damit überprüfen, ob und wie mit den vorhandenen Angeboten die Bedarfe an Fachkräften gedeckt werden können.

Dafür kann das Bildungsmanagement dann die relevanten Akteure zusammenbringen und mit ihren unterschiedlichen Perspektiven die verschiedenen Facetten des Fachkräfteproblems bearbeiten. Dabei lohnt es sich, Schwerpunkte auf bestimmte Themen und Handlungsfelder zu setzen. Mithilfe einer Fachkräftestrategie für den Bildungsbereich können in ausgewählten Handlungsfeldern Lösungsansätze entwickelt, umgesetzt und evaluiert werden.

Doch was sind Ansatzpunkte, um ausreichend Fachkräfte im Bildungsbereich zu binden? Die Fachkräftestrategie der Bundesregierung, die die Grundlage aller politischen Vorhaben und Regelungen zur Fachkräftesicherung in Deutschland sein soll, identifiziert fünf zentrale Handlungsfelder.

Gezielte Berufsausbildung und frühzeitige Berufsorientierung

Das erste Handlungsfeld betrifft die gezielte Förderung von Berufsausbildungen und die frühzeitige Berufsorientierung. Im Bildungsbereich geht es vor allem darum, die Attraktivität von Ausbildungen im pädagogischen Bereich zu erhöhen – u. a. durch eine praxisorientiertere Ausgestaltung sowie eine bessere Vergütung. Vielerorts werden Kommunen aus der Notlage heraus selbst aktiv.

Die Stadt Leipzig hat zur Förderung von Ausbildungen im frühpädagogischen Bereich beispielsweise eine eigene Förderrichtlinie beschlossen und unterstützt damit regional tätige freie Träger, eine berufsbegleitende Erzieherausbildung zu leisten. Außerdem soll angehenden Erzieherinnen und Erziehern im Rahmen eines Pilotprojekts eine praxisorientierte dreijährige berufsbegleitende Ausbildung ermöglicht werden.

Die Stadt Gardelegen in Sachsen-Anhalt bietet kommunale Stipendien für Lehramtsstudierende, die in Gardelegen als Lehrer oder Lehrerin tätig werden. Außerdem unterstützt das Projekt die frühzeitige Berufsorientierung für den Lehrerberuf indem etwa Veranstaltungen an den Schulen durchgeführt werden, die den Lehrerberuf vorstellen.

Berufliche Weiterbildung und Qualifizierung

Ein weiteres Handlungsfeld ist der Weiterbildungsbereich. Immer mehr Kommunen engagieren sich, lokale Weiterbildungsangebote bereit zu stellen und bauen ein kommunales Weiterbildungsmonitoring auf.

Identifiziert das Bildungsmonitoring etwa konkrete Weiterbildungsbedarfe im Bereich frühe Bildung, haben Kommunen die Möglichkeit, auf dieser Grundlage mit den betreffenden Akteuren, aus Kita-Personal und Kita-Träger, Jugendamt und Bildungsträger, konkrete Weiterbildungsstrategien für den frühpädagogischen Bereich zu entwickeln.

Volkshochschulen können als etablierte Einrichtungen der Erwachsenenbildung gezielte Angebote der berufsbezogenen Weiterbildung im pädagogischen Bereich vorhalten. Insbesondere im ländlichen Raum, der zunehmend von einem Schwund privatwirtschaftlicher Bildungsträger betroffen ist, lohnt es sich, Volkshochschulen als strategische Weiterbildungszentren zu stärken.

An einigen mitteldeutschen Volkshochschulen finden sich bereits umfassende Weiterbildungsangebote für den Erziehungsbereich. Zum Beispiel erstellt die VHS des Landkreises Leipzig gemeinsam mit dem Jugendamt des Landkreises ein ganzjähriges Fortbildungsprogramm für pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten, in Kinderpflegestellen und in Horten.

Arbeitspotentiale heben

Ein weiteres Handlungsfeld ist, die Erwerbsbeteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen zu erhöhen. Auch im Bildungsbereich lässt sich noch ein erhebliches Potential an Fachkräften erkennen.

Im Lehrerberuf beispielsweise sind Quereinsteigende unverzichtbar geworden. Doch bis heute fehlt es bundesweit an einheitlichen Bedingungen und Qualitätsstandards für den Quereinstieg.

Auch für die Arbeit in Kitas wird zunehmend versucht, Quereinsteigende zu gewinnen. Informationen zum Quereinstieg werden aber häufig als intransparent und schwer zugänglich wahrgenommen. Eine kommunale Aufgabe könnte hier sein, mithilfe einer kommunalen Bildungsberatung Informationen zusammenzuführen und eine Lotsenfunktion zu übernehmen.

Männliche Fachkräfte sind in Kitas und an Grundschulen noch immer deutlich unterrepräsentiert. Auf kommunaler Ebene wurden bereits Kooperationen von Ausbildungseinrichtungen, Kitas, Schulen und örtlicher Jungenarbeit aufgebaut, um Jungen bzw. junge Männer verstärkt für Hospitationen und Praktika in Kitas zu gewinnen.

Vielerorts nutzen lokale Institutionen Maßnahmen der geschlechtersensiblen Berufsorientierung, wie etwa den Boys' Day. An diesem Aktionstag können Jungen auch Berufe aus Bildung und Erziehung kennenlernen. Am Boys’ Day in der Uni Erfurt etwa konnten Jungen erfahren, wie man Grundschullehrer wird und was einen im Studium und im Beruf erwartet.

Auch das Potential von zugewanderten Personen lässt sich noch besser nutzen. Qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anwerben – darin erkennt auch die Fachkräftestrategie des Bundes ein zentrales Handlungsfeld. Mit Blick auf die Arbeit im pädagogischen Bereich braucht es vor allem eine schnellere und unbürokratischere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen.

Die Migrationsagentur im Burgenlandkreis (MiA) bündelt Behördenangelegenheiten und Hilfsangebote für Neuzugewanderte in einer Verwaltungsstelle und sorgt zum einen für Erleichterung im Verwaltungsablauf. Mit ihrem kundenorientierten Ansatz kann die MiA zum anderen aber auch Fachkräfte gezielt identifizieren und Zugewanderte zu Fragen der Bildung und Qualifizierung beraten. Auf diesem Weg konnten bereits ukrainische Pädagoginnen und Pädagogen zügig für die Arbeit in Schulen und Kitas gewonnen werden.

Arbeitskultur fördern

Ein Handlungsfeld der Fachkräftestrategie widmet sich der Verbesserung von Arbeitsqualität und Arbeitskultur, mit dem Ziel, dass Beschäftigte möglichst lange, gesund, qualifiziert und motiviert ihrer Arbeit nachgehen. Dies ist auch für die Fachkräftegewinnung im Bildungsbereich von großer Bedeutung. So schreibt die DKJS in ihrem Positionspapier von 2022, dass Kitas und Ganztagsschulen sich noch stärker als attraktive Arbeitsorte profilieren müssten.

Die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams ist ein Aspekt, der dabei eine wichtige Rolle spielt. In Kitas und Schulen lässt sich durch die Erweiterung pädagogischer Teams und den Ausbau von Kooperationen im Sozialraum nicht nur die Attraktivität von Einrichtungen als Arbeitsort erhöhen, sondern die des Berufsfeldes insgesamt – weil sich dadurch die Wirksamkeit erhöht.

Kommunen können solche institutionenübergreifende Ansätze auf unterschiedliche Weise fördern. So versucht der Burgenlandkreis den akuten Lehrkräftemangel an Schulen durch einen stärkeren Einbezug von außerschulischen Honorarkräften und Ehrenamtlichen abzufangen. Außerdem bringen sie Themen in Schulen, die dort oft zu kurz kommen, wie Medienbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung oder die Förderung von sozialen Kompetenzen.

Diesen fachübergreifenden, multiprofessionellen Ansatz verfolgen auch die „Thüringer Eltern-Kind-Zentren“ – das sind Kindertageseinrichtungen mit ausgeprägter Familien- und Sozialraumorientierung.  Die Weiterentwicklung von Kitas zu Eltern-Kind-Zentren können Kommunen in Thüringen mithilfe einer Landesförderung initiieren.

Das ThEKiZ „Anne Frank“ hat sich schon 2012 auf diesen Weg begeben. Das Team der Einrichtung ist mittlerweile multiprofessionell aufgestellt und kooperiert mit über 30 Akteuren vorrangig im Sozialraum. Dadurch kann es eine breite Palette an Angeboten für Kinder und Familien bedürfnisorientiert zur Verfügung stellen – und damit jedes Kind optimal fördern.

Fachkräftesicherung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Fachkräfte zu sichern ist eine komplexe und drängende Aufgabe, die nicht allein von einem Bereich oder einer Institution erfüllt werden kann. Es ist eine ämterübergreifende Aufgabe. Datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement kann Engpässe und Handlungsbedarfe sichtbar machen und Akteure dazu in einen Austausch bringen.

Wenn das Ziel klar ist, können Kommunalverwaltungen, Bildungsakteure und Unternehmen ihre Kompetenzen in einer Strategie zusammenführen. Die Potenziale solcher Netzwerkarbeit sind längst noch nicht ausgeschöpft – ebenso, wie die Möglichkeiten zu handeln.

Kontakt

Sabine Lucks, Wissenstransfer

Tel.: 0345-6817896 E-Mail: lucks@dji.de

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