Digitale Plattform in Mittelsachsen stärkt Fachkräftezuwanderung

Seit Ende 2024 gibt es im Landkreis Mittelsachsen die digitale Plattform welcome-mittelsachsen.de. Sie unterstützt die Fachkräftezuwanderung, sorgt für effizientere Verwaltungsprozesse und wurde zuletzt mit dem Deutschen Fachkräftepreis 2025 ausgezeichnet. Entwickelt wurde sie von der Servicestelle Arbeit und Migration mit externer Unterstützung. Wir sprachen mit Jennifer Diehl, Leiterin der Ausländer- und Asylbehörde, die das Projekt von Anfang an begleitet hat – zunächst im Rahmen des BMBF-Projekts „Bildungskoordination für Neuzugewanderte“.

Ausgezeichnet mit dem Deutschen Fachkräftepreis 2025: die digitale Plattform welcome-mittelsachsen.de, die von der Servicestelle Arbeit und Migration des Landkreises Mittelsachsen entwickelt wurde

Frau Diehl, wie kam es dazu, dass der Landkreis Mittelsachsen eine digitale Plattform zur Arbeitsmigration entwickelt hat und was genau bietet die Plattform welcome-mittelsachsen.de?

Bereits 2020 hat der Landkreis eine analoge Servicestelle für Arbeit und Migration eingerichtet – als Anlaufstelle für Unternehmen sowie für Fachkräfte aus dem In- und Ausland. Mit dem wachsenden Bedarf an Arbeitsmigration und den komplexer werdenden rechtlichen Rahmenbedingungen entstand der Wunsch, dieses Angebot zu digitalisieren. Die neue Plattform soll eine moderne, niedrigschwellige und ortsunabhängige Ergänzung bieten.

Sie ist sowohl Informationsquelle als auch Beratungstool – nutzerfreundlich, mehrsprachig und strukturiert. In sieben Sprachen liefert sie Antworten auf häufige Fragen, vertiefende Infos und rechtliche Grundlagen zur Arbeitsmigration. Ein „Quickcheck“ bietet erste Orientierung, digitale Antragsverfahren erleichtern den Zugang zu Behördenleistungen. Beratungstermine lassen sich direkt online buchen – die Gespräche finden virtuell statt. Auf der Plattform finden sich zudem ein Migrationsdashboard, das statistische Entwicklungen visualisiert, sowie ein regelmäßig erscheinender Newsletter.

Sind noch weitere Funktionen in Zukunft geplant?

Ab dem kommenden Monat wird ein mehrsprachiger Chatbot in 26 Sprachen integriert. Dieser steht dann rund um die Uhr für erste Fragen zur Verfügung. Damit wird ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung automatisierter, niedrigschwelliger Erstberatung vollzogen.

Bis Ende des Jahres ist zudem die Einführung einer integrierten Lernplattform vorgesehen. Diese wird neben kurzen Erklärvideos zu rechtlichen Schwerpunktthemen auch die Möglichkeit bieten, sich virtuell mit anderen Akteuren zu vernetzen sowie Schulungs- und Weiterbildungsangebote der Ausländerbehörde und ihrer Netzwerkpartner wahrzunehmen. Ziel ist es, nicht nur zu informieren, sondern auch Beteiligung und Vernetzung zu ermöglichen.

Welche Zielgruppen profitieren besonders von der Plattform – und welche Rolle spielt sie in der Fachkräftestrategie des Landkreises?

Drei Gruppen stehen im Fokus: kleine und mittlere Unternehmen ohne eigene Personalabteilung, ausländische Fachkräfte sowie ehrenamtliche Helferkreise und Beratungsstellen. Alle profitieren von besser zugänglichen Informationen, schlankeren Verwaltungsverfahren und digitaler Unterstützung.

Die Plattform ist ein zentrales Element der Fachkräftestrategie. Sie unterstützt gezielt die Gewinnung, Integration und Bindung internationaler Fachkräfte. Durch digitale Services, mehrsprachige Informationen und praktische Hilfen schafft sie Entlastung für kleinere und mittlere Unternehmen und Verwaltung– und trägt zur Modernisierung der öffentlichen Dienstleistungen bei.

Welche Rückmeldungen gibt es bisher aus der Praxis – und wie fließen diese in die Weiterentwicklung der Plattform ein?

Seit Jahresbeginn haben rund 15.000 Nutzerinnen und Nutzer die Plattform besucht – mit sehr guter Resonanz. Vor allem von Netzwerkpartnern erhielten wir ein positives Feedback.
Wir evaluieren die Plattform auch kontinuierlich – durch Nutzungsstatistiken, Umfragen und direkten Austausch bei Messen, Netzwerktreffen oder Unternehmerdialogen. So erkennen wir, was besonders gefragt ist, und passen Inhalte und Funktionen gezielt an die Bedarfe an. Eine größere Öffentlichkeitskampagne ist für Ende des Jahres geplant, wenn auch der Chatbot voll einsatzfähig ist. 

Was waren die größten Herausforderungen bei der Entwicklung?

Die Umsetzung war sowohl technisch als auch inhaltlich äußerst anspruchsvoll. Die inhaltliche Ausarbeitung erfolgte in enger Abstimmung mit allen Fachbereichen der Ausländerbehörde, um sicherzustellen, dass sämtliche Informationen korrekt, rechtssicher und passgenau für die jeweilige Zielgruppe aufbereitet sind. Besonders aufwendig gestalteten sich die Übersetzung und fortlaufende Pflege dieser Inhalte – ein Prozess, der ein hohes Maß an Sorgfalt sowie interkulturelles Feingefühl erfordert. Zwei Mitarbeitende leisten hierbei einen entscheidenden Beitrag. Ohne ihr Engagement und die enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der Ausländerbehörde wäre die Plattform in dieser Form nicht umsetzbar gewesen.

Wie wirkt das kommunale Bildungsmanagement an der Plattform mit?

Die Idee für die Plattform entstand im Rahmen des BMBF-Projekt „Bildungskoordination für Neuzugewanderte“. Zwar ist das Projekt der Bildungskoordinatorinnen und -koordinatoren inzwischen abgeschlossen, jedoch konnten damals wertvolle Grundlagen gelegt werden. Das derzeit noch laufende Projekt des kommunalen Bildungsmanagements ist zwar in einer anderen Abteilung des Landratsamtes verortet, arbeitet aber eng mit der Ausländerbehörde zusammen. Das betrifft vor allem die inhaltliche Weiterentwicklung der Plattform – insbesondere im Hinblick auf die bedarfsorientierte Gestaltung von Informationsangeboten.

Konkret zeigt sich die Zusammenarbeit vor allem bei der Erhebung und Analyse bildungsrelevanter Daten sowie in der gemeinsamen Evaluation von Zielgruppen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen lassen sich gezielt Informationsbedarfe ableiten, die wiederum in die inhaltliche Gestaltung der Plattform einfließen. So entstehen neue, passgenaue Inhalte, die direkt auf die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer abgestimmt sind.

Die Plattform profitiert damit in hohem Maße von den datengestützten Ansätzen des Bildungsmanagements und trägt zugleich zur Umsetzung einer integrierten, bildungsorientierten Fachkräftestrategie im Landkreis bei.

Was können andere Kommunen aus diesem Projekt lernen?

Digitale Plattformen lohnen sich – gerade bei komplexen Themen wie Migration. Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern, realistische Planung und die Bereitschaft, schrittweise vorzugehen. Auch bei knappen Ressourcen kann man viel erreichen, wenn Prozesse klug digitalisiert und Nutzerfeedbacks aktiv einbezogen werden. Offenheit und Kooperation sind zentrale Erfolgsfaktoren.
 

Kontakt

Das Interview führte Sabine Lucks, Wissenstransfer.

Tel.: 0345-68178 96 E-Mail: lucks@dji.de

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Digitale Plattform

Die Plattform welcome-mittelsachsen.de des Landkreises Mittelsachsen richtet sich sowohl an Arbeitgeber und ausländische Fachkräfte als auch an Migranten und Vereine. Unternehmen können online Anträge stellen, virtuelle Sprechstunden buchen, Checklisten nutzen und sich gezielt informieren. Fachkräfte erhalten Unterstützung bei der Orientierung und Einreise.

Dashboard

Die Plattform welcome-mittelsachsen.de verfügt über ein digitales Migrations-Dashboard, das Entwicklungen im Landkreis Mittelsachsen visualisiert und so die aktuelle Migrationslage transparenter macht. Als Informationspool soll es so entwickelt werden, dass nicht allein Fluchtkontext und Unterkunftsverwaltung betrachtet werden, sondern auch arbeitsmarktbezogene Daten.

Fachkräftepreis

Die mehrsprachige Plattform welcome-mittelsachsen.de konnte die Jury des Deutschen Fachkräftepreises überzeugen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zeichnet mit dem Fachkräftepreis nachhaltige Lösungen zur Fachkräftesicherung aus. Mittelsachsen beweise mit der digitalen Servicestelle Arbeit und Migration (SAMM), wie Digitalisierung die Fachkräftezuwanderung fördert, lobte das Ministerium.