Training
Im Bildungsmanagement mehrerer Kommunalverwaltungen Mitteldeutschlands haben im Frühjahr dieses Jahres neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit aufgenommen. Die Transferagentur Mitteldeutschland für Kommunales Bildungsmanagement (TransMit) lud sie am 11. und 12. Juni 2019 zu einem zweitägigen Training zu sich nach Halle ein, um sie auf ihre neue Rolle und bevorstehende Aufgaben vorzubereiten.
Mit der Förderrichtlinie „Bildung integriert“ und der Bereitstellung von Personalmitteln unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Kommunen beim Aufbau eines datenbasierten Bildungsmanagements. Bildungsakteure sollen untereinander vernetzt und Zuständigkeiten nachhaltig gebündelt werden. Damit ist die Aufgabe der Bildungsmanagerinnen und -manager vor Ort zwar im Kern beschrieben, deren Komplexität aber nur unzureichend ausgedrückt. Nicht alle neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bildungsmonitoring und -management verfügen über Verwaltungserfahrung. Und selbst wenn, ist sie im besten Falle nützlich. Die Aufgabe selbst ist herausfordernd.
Das Training zielt darauf ab, die eigene Rolle als Manager/in oder Monitorer/in innerhalb der Kommunalverwaltung sowie darüber hinaus in der lokalen Bildungslandschaft zu finden und zu gestalten. Eine klare Position hilft dabei, an Netzwerken zu partizipieren und Teilhabe selbst zu ermöglichen sowie Zugang zu notwendigen Daten zu erlangen, um entsprechend fundiert Ziele zu konkretisieren und Strategien zu entwickeln. Sie hilft aber auch anderen bei der Außenwahrnehmung als „richtiger“ Ansprechpartner in Bildungsangelegenheiten.
Zwischen role-taking und -making
Acht neue Bildungsmanager/innen und –monitorer/innen aus fünf Kommunen sind der Einladung nach Halle gefolgt. Ihre Lebens- und Berufserfahrungen unterscheiden sich. Manche sind neu in der Kommune, andere erstmals in der kommunalen Verwaltung angestellt. Alle sind sie neu mit den Aufgaben Bildungsmanagement und -monitoring betraut und mit ganz unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort konfrontiert. Daraus folgen nützliche Beiträge während des gesamten Trainings und reger Austausch, der sich in den Pausen und bestenfalls in den kommenden Jahren unter nunmehr Kolleginnen und Kollegen fortsetzt.
Deutlich werden aber auch ähnliche Schwierigkeiten, die für solche Anfangsphasen typisch sind, aber dringend einer zeitnahen Klärung bedürfen: Wer? Was? Wann? Wo? Warum? Wie? Und wozu überhaupt? W-Fragen lassen sich so unzählige stellen. Aber wie lassen sie sich beantworten? Bedingung dafür ist Klarheit beispielsweise über Kommunikationsstrukturen und Entscheidungsprozesse auch quer zur Linienorganisation, über Befugnisse und über Erwartungen an die eigene Rolle sowie aus der Rolle heraus an andere Akteure.
Üblicherweise sind die unscharf formuliert, wenn überhaupt, oder es bestehen vor Ort noch gar keine detaillierten Vorstellungen darüber. Das aber lässt sich als (implizite) Erwartung deuten: ‚Verschaffe dir Klarheit (und uns), das gehört zu deinen Aufgaben‘. Insofern ist die Anfangsphase zwar eine schwierige, aber sie bietet auch Schutz für eine Vielzahl von Fragen, die sich nach einigen Monaten nicht mehr stellen lassen, ohne für Irritationen zu sorgen, sowie für das Einfordern von Antworten und Klarstellungen, zu denen man selbst nicht befugt ist.
Dass vor Ort völlig klare Vorstellungen vom datenbasierten Bildungsmanagement der kommenden Jahre bestünde, hat keiner der Teilnehmerinnen und Teilnehmer signalisiert. Selbst wenn es sie gäbe, kann der Weg zu dieser Erkenntnis lang sein. Wahrscheinlicher ist, dass diese Vorstellungen empirisch fundiert und durch Beteiligung verschiedener Akteure erst ausgehandelt werden müssen. Bildungsmanager und -managerinnen geben dabei Impulse, sind Experten bzw. Expertinnen in manchen Fragen, beraten fachlich, begleiten Prozesse, spielen den Advocatus Diaboli, bringen Menschen zusammen und können so als lenkende Vermittler/in (= Moderator/in) die Bildungslandschaft mitgestalten. Insofern empfiehlt sich ein proaktives Verständnis der eigenen Rolle, die es soweit als möglich zu gestalten gilt.
Beeinflusse, was du beeinflussen kannst
Darauf aufbauend führt Trainer und Moderator Ken Kupzok in ein gut im Arbeitsalltag anwendbares Modell von Stephen Covey ein, mit dem sich Handlungsspielräume ausloten lassen. Es besteht aus drei konzentrischen Kreisen (circles of concern, influence, control): aus dem gesamten Arbeits- und Tätigkeitsumfeld, einem kleineren Ausschnitt dieses Umfelds, der sich durch Haltung, Auftreten, Tun und Unterlassen beeinflussen lässt, sowie einem noch kleineren autonom kontrollierbaren Ausschnitt. Die Grenzen zwischen den Kreisen können durchlässig sein, und die Bestandsaufnahme spiegelt einen Istzustand wider, der nicht unabänderlich ist.
Das Modell kann auch projekt- oder aufgabenbezogen auf Arbeitspakete angewandt werden. Die Idee dahinter ist letztlich, sich selbst zu verdeutlichen, was sich kontrollieren und steuern bzw. worauf sich Einfluss ausüben lässt – oder eben nicht. Fokussiert werden dann ausschließlich die kleineren beiden Kreise, in denen sich Ressourcen dosieren lassen mit dem Ziel, sie nicht ohne Aussicht auf Wirkung oder Erfolg aufzuwenden.
Den Blick auf das zu richten, was sich unter den jeweiligen Bedingungen tatsächlich (mit)gestalten oder verändern lässt, schützt individuell vor Frustrationen und schont den Einsatz knapper persönlicher wie kommunaler Mittel. Ob sich so „viel“ oder „wenig“ bewegen lässt, hängt sehr von den lokalen Gegebenheiten und Notwendigkeiten ab und davon, wie viel Unterstützung die Arbeit der Bildungsmanager/innen und -monitorer/innen dabei erfährt.
Mit dir, gegen oder ohne dich
Ein zweites sehr hilfreiches Werkzeug dabei ist die Stakeholder-Analyse, also die Positionierung aller Beteiligten, Betroffenen, Anspruchs- und Interessengruppen in einer Matrix entlang der Achsen „Einstellung zum Projekt“ und „Macht/Einfluss auf das Projekt“. Die eigene Einschätzung lässt sich mit der von anderen Personen kontrastieren. Es kann sich zeigen, dass bezogen auf bestimmte Fragen größere Wirkung informell erzielt werden kann als auf dem formalen Weg.
Und auch diese Positionierungen sind nicht statisch. Gute Zusammenarbeit, Überzeugung, die Art und Weise der Einbindung von Akteuren oder auch die „Chemie“ zwischen Personen kann dazu führen, sie für sich zu gewinnen. Ziele lassen sich gemeinsam mit Promotoren einer Sache leichter oder überhaupt erst erreichen. Der Kampf gegen Windmühlen verschwendet unnötig Energie und führt am Ende sehr wahrscheinlich zu nichts.
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es
Besser als mit Erich Kästner lässt sich die Quintessenz des Trainings nicht zusammenfassen. Ziel war und ist, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einer proaktiven und bezogen auf die Wirkung ihrer Arbeit positiven Einstellung zu bestärken. Mit dem Circle of Influence und der Stakeholderanalyse werden ihnen zwei Werkzeuge an die Hand gegeben, mit denen sich gut und immer wieder arbeiten und die eigene Rolle reflektieren oder revidieren lässt.
Das Training bietet dazu reichlich Gelegenheit in Einzel-, Paar- und Gruppenarbeit. Auf einem Dialogspaziergang beispielsweise über das Gelände der Franckeschen Stiftungen können sie zwanglos aussprechen, was sie beschäftigt, während der Kollege oder die Kollegin aus einer anderen Kommune aktiv zuhört, bevor er oder sie kommentiert.
Ob sich im Gehen alles lösen lässt, wie ein lateinischer Spruch es nahe legt, mag man zurecht bezweifeln. Aber Abstand und sich etwas Zeit nehmen für einen Blick auf die Dinge und das größere Ganze, für eine andere Perspektive vielleicht, darüber reden und sich austauschen, verhilft meist zu etwas mehr Klarheit und gegenseitige Wertschätzung der Arbeit und der Person.
Einander Stärken aufzuzeigen, ist die letzte Übung des Trainings, die beide Seiten, gebende sowie empfangende, auf ganz wesentliche Ressourcen für die anstehenden Aufgaben aufmerksam macht. Gutes Gelingen!
Ulrike Richter, Veranstaltungen