Bildungswerkstatt
Zu einer dritten Bildungswerkstatt „Miteinander reden und verstehen – Zugänge zu Sprache und Kultur“ trafen sich am 25. November 2015 Vertreter/innen aus sechs Thüringer Kommunen. Sie tauschten sich über ihre Ansätze aus, wie Sprachkurse und Angebote interkultureller Bildung für Geflüchtete abgestimmt und koordiniert werden können. Ken Kupzok moderierte die Bildungswerkstatt.
Eine breite Palette an Angeboten zur Sprachförderung für Zugewanderte wie für Einheimische bieten die 23 Volkshochschulen in Thüringen. Volkshochschulen sind überwiegend kommunale Einrichtungen und somit für die Verwaltung erst Partner für Bildung. Sylvia Kränke, Direktorin des Thüringer Volkshochschulverbandes, stellte die breite Palette der Angebote zur Sprachförderung von Deutsch- und Integrationskursen, über berufsbezogene Deutschkurse bis hin zu Zertifizierung von Sprachkenntnissen für Einbürgerung und Zulassungen für Beruf und Studium vor.
Desweiteren sind die vhs mit Programmen für zugewanderte Menschen vom Kindergarten- bis ins Erwachsenenalter aktiv. Die Volkshochschulen nutzen für ihre Angebote vielfältige Programme des Bundes, der EU und lokale Fördermittel: z.B. ESF-BAMF-Programm „Berufsbezogene Sprachförderung“, DaZ-Förderung, bürgerschaftliche Initiativen.
Für die Integration in die Gesellschaft ist die frühzeitige Vermittlung von Deutschkenntnissen unerlässlich. Deshalb, so führt Kränke aus, müssen sich die Angebote an den konkreten Bedarfen der Zugewanderten, ihren individuellen Voraussetzungen und nach dem Lebensalter ausrichten. Die vhs arbeiten seit vielen Jahren in etablierten Förder- und Trägerstrukturen. Die angebotenen Kurse entsprechen den Qualitätsstandards und bieten Anschlüsse an weiterführende Angebote. Anschlussfähig sind sie deshalb, weil die Ziele und Inhalte der Kurse dem Europäischen Referenzrahmen für Sprachen entsprechen.
Als zu meisternde Herausforderungen für passgenaue Sprachförderung beschreibt Kränke, dass nicht alle Asylbewerber und Geduldeten Anspruch auf Sprachförderung erhalten. Sie bemängelt fehlende Transparenz/Information der Akteure und Adressaten. Allein die Sprachförderung wird nicht ausreichen, sondern es bedarf einer engen Zusammenarbeit mit psychosozialer Betreuung und ergänzender Begleitangebote zur beruflichen Orientierung. Auch auf Seiten der Deutschlehrer braucht es interkulturelle Sensibilität und Kompetenzen im Umgang mit heterogenen Lerngruppen, mit Analphabetismus und Menschen, die in ihrem Heimatland keine Schule besuchten.
Von Vorteil ist es, dass die vhs z.T. als Amt in den Thüringer Kommunalverwaltungen verortet sind. Das erleichtet regelmäßige Abstimmungen zwischen kommunalen Bildungsmanagement und der vhs, wenn Bedarfe der Zugewanderten aufgenommen und entsprechende Angebote zügig konzipiert werden müssen. Die vhs können gute Praxisprojekte vorweisen, z.B. talentCampus, die weitere Verbreitung finden mögen. Ebenso bieten sich die vhs als kommunales Bildungsinstitut an, Verwaltungsmitarbeiter/innen intern weiterzubilden, sei es in Englisch oder Arabisch oder interkulturelle Trainings zur Förderung der Kommunikation mit Zugewanderten.
In einem zweiten Beitrag stellt Torsten Hass, Leiter der vhs Erfurt und Leiter des Amts für Bildung, die Koordinationsstrukturen und Angebote der Stadt Erfurt zur Integration Zugewanderter vor. Erfurt kann auf die im Programm LvO erprobten Strukturen aufbauen. Neu im Stadtrat verabschiedet wurde Anfang Dezember 2015 ein Paket „Vorintegrativer Maßnahmen“ für Geflüchtete. Die Koordinierung der Erstbetreuung für Flüchtlinge ist als Stabstelle an der vhs im Amt für Bildung angesiedelt. Das Konzept umfasst die Vermittlung von Sprachkenntnissen, kulturellen und gesellschaftlichen Standards sowie Orientierung im Alltag für Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften.
Die Koordinierungsstelle, mit zwei Personalstellen ausgestattet, soll Bedarfe der Geflüchteten in den Erstaufnahmestellen und Gemeinschaftsunterkünften aufnehmen und mit den Angeboten, die u.A. bei der Hotline „Erfurt hilft“ eingehen, abstimmen. Somit soll sicher gestellt werden, dass Geflüchtete schnell, bereits nach fünf Tagen, ein Angebot erhalten. Ehrenamtliche Hilfeleistungen werden über den Erfurter Bildungskatalog erfasst und abgerufen.
Ehrenamtliche und Hauptamtliche werden miteinander vernetzt, um Austausch und Qualifizierung zu ermöglichen. Weiterhin ist geplant, 30 Stellen des Bundesfreiwilligendienstes für Vorintegrative Maßnahmen einzusetzen. Die BUFD-Stellen sollten mit Zugewanderten (mit entsprechender Voraussetzung) besetzt werden, deren Qualifizierung die vhs übernehmen wird. Die städtischen Bibliotheken übernehmen in diesem Konzept die Funktion als niedrigschwelliger Begegnungsort „Willkommensbibliothek“ und sind Standort der Bildungsberatung. Erfurt hat ein starkes Netzwerk Integration/Migration, das ebenfalls von der Koordinierungsstelle für Geflüchtete geleitet wird.
Inspiriert von den Erfurter Erfahrungen, sprechen die Workshopteilnehmer/innen über die Ansätze in ihren Kommunen und konkretisieren ihre nächsten Schritte für ihren eigenen Aufgabenbereich: So gibt es in Eisenauch eine wöchentliche Runde der Amtsleiter, um die Hilfe für Flüchtlinge besser abzustimmen, Stellen zu finanzieren und Begleitung für Geflüchtete zu organisieren. Wichtig sind motivierte Mitarbeiter/innen in den Verwaltungen, die sich als Einheit sehen und ebenso agieren.
In Weimar ist die Integration und die Sprachförderung eine neue Aufgabe im Schulverwaltungsamt. Die Bildungskoordination steht nun vor den Aufgaben, Bedarfe verschiedener Adressatengruppen zu erheben und passende Angebote bereitzustellen. Fokus auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge setzen. Die Bildungskoordination wird den Austausch organisieren, Schnittstellen zwischen den Zuständigkeiten der Ämter klären und Informationen für die Akteure und Adressaten bereit stellen.
Aus der Sicht der Vertreterin des LK Nordhausen wäre ein nächster Schritt, eine Bestandsaufnahme über die Akteure und Angebote zu erstellen und die Qualität der Kooperationsbeziehungen zwischen den Anbietern zu ergründen. Dieser Aufgabe schließt sich die Vertreterin des LK Eichsfeld an: Als neu in diesem Feld arbeitende Kollegin schlägt sie vor, persönliche Kontakte zu nutzen und sich informell mit den Akteuren auszutauschen.
Ulrike Richter, Veranstaltungen