Online-Fortbildung

Inklusion als kommunales Handlungsfeld

Von einer inklusiven kommunalen Bildungslandschaft profitieren nicht nur einzelne Personengruppen, sondern alle. Dafür braucht es Ressourcen und Kümmerer, die vorangehen und ein breites Bewusstsein für Inklusion vor Ort schaffen. Außerdem sind Netzwerke und eine strukturelle Verankerung des Themas unerlässlich. In unserer Online-Fortbildung haben wir uns darüber ausgetauscht, welche Aufgaben DKBM dabei übernehmen kann.

Handlungsfeld Inklusion

Ob Wohnen, Beschäftigung, Mobilität, Migration oder Freizeit – jeder Bereich biete Anknüpfungspunkte für das Inklusionsanliegen.

Tina Wiesner, vom Forschungsprojekt „InBiT: Inklusion in der beruflichen Bildung“ am DJI, machte in ihrem Impulsvortrag zu Beginn der Fortbildung gleich deutlich, dass die Verwirklichung von Inklusion ein gesamtgesellschaftliches Großprojekt sei – wenn man von einem breiten Inklusionsverständnis ausgehe, wie es auch der UN-Behindertenrechtskonvention zugrunde liegt. Vielerorts werde Inklusion aber noch sehr unterschiedlich definiert. Meist werde es im Zusammenhang mit Behinderung verwendet und an bestimmte Handlungsfelder, wie Inklusion in der Schule, gebunden.

Das Forschungsprojekt InBiT orientiert sich jedoch am breiten Inklusionsverständnis der UN-Behindertenrechtskonvention und blickt somit nicht nur auf junge Menschen mit zugeschriebener Behinderung, sondern auf alle jungen Menschen, die sich gerade in der Übergangsphase von der Schule in den Beruf befinden.

Inklusion in der beruflichen Bildung – Barrieren und Gelingensbedingungen

Mit welchen Bildungsbarrieren haben es junge Menschen im Bereich der beruflichen Bildung zu tun? Welche Unterstützungs- bzw. Inklusionsleistung bieten regionale Übergangssysteme hier? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Forschungsprojekt.

Typische Barrieren, mit denen es junge Menschen am Übergang von der Schule in den Beruf zu tun haben, sind etwa fehlende verständliche Informationen – so erste Erkenntnisse aus dem Projekt. Außerdem haben die Jugendlichen häufig wenig Entscheidungs- und Handlungsspielraum. Das zeige sich besonders an den Übergängen zwischen Systemen und Einrichtungen – so auch bei der Übergangsphase von der Schule in den Beruf. Der Zugang zu regulären Bildungseinrichtungen sei häufig erschwert, wenn zuvor eine Sondereinrichtung (z. B. Förderschule) besucht wurde. Oft sei damit der Berufsweg schon festgelegt.

„Ein breites Inklusionsverständnis ermöglicht uns, den Blick für alle Menschen und ihre Erfahrungen am Übergang von der Schule in den Beruf zu öffnen“

[Tina Wiesner, InBiT, Deutsches Jugendinstitut e.V.]

Für eine gelingende Inklusion in der beruflichen Bildung brauche es niedrigschwellige Zugänge zu entsprechenden Angeboten der beruflichen Bildung, mehr Transparenz und die kontinuierliche Begleitung bei der beruflichen Orientierung, z. B. im Rahmen von Mentoringprojekten. Entscheidend sei außerdem der politische Rückhalt und Wille zur inklusiven Gestaltung der kommunalen Bildungslandschaft und die konzeptionelle Verständigung der Akteure.

Inklusion braucht Möglichmacher vor Ort

Dieser Meinung ist auch Anke Glenz – tätig in der integrierten Sozialplanung des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald. Als ehemalige Behindertenbeauftragte des Landkreises setzt auch sie sich für ein breites Verständnis von Inklusion ein.

Im zweiten Impulsvortrag unserer Online-Fortbildung verdeutlichte sie, dass es deswegen eine der zentralen Herausforderungen für die Städte, Kreise und Gemeinden sei, den Mehrwert von Inklusion für alle sichtbar zu machen. Hierfür brauche es Möglichmacher und Vorbilder. Sie schaffen ein Bewusstsein für Inklusion, organisieren Meinungsbildung und tragen dazu bei, dass die Barrieren in den Köpfen allmählich fallen.

Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gibt es das Projekt der „kommunalen Inklusionsvermittler“. Sie sind Ansprechpersonen, die sich in den Gemeinden für Inklusion einsetzen. Inzwischen wurde das Projekt vom Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald in neun weitere Landkreise in Baden-Württemberg übertragen.

Ziel des Projekts ist es, Inklusion in der Fläche umzusetzen, d. h. das Thema in die Kommunen zu tragen. Es soll ermöglichen, Inklusion auf freiwilliger Basis umzusetzen. „Gehen Sie dahin, wo die Energie ist“, so die Empfehlung von Glenz, „und bringen Sie sich mit Ihrem Inklusionsanliegen direkt bei den Herzensprojekten der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den Gemeinden ein.“ Ob Wohnen, Beschäftigung, Mobilität, Migration oder Freizeit – jeder Bereich biete Anknüpfungspunkte und Verbündete für das Inklusionsanliegen.

Wie sich Inklusion in der Bildung mit Daten abbilden lässt

Im dritten Teil der Veranstaltung standen die Erfahrungen und der Austausch der Teilnehmenden im Mittelpunkt. Dabei ging es schwerpunktmäßig um die möglichen Aufgaben von kommunalem Bildungsmanagement bei der Entwicklung und Gestaltung einer inklusiven Bildungslandschaft.

Eine Gruppe diskutierte über die Frage, wie sich Inklusion in der kommunalen Bildungslandschaft mit Bildungsmonitoring abbilden lasse. Typischerweise erheben Kommunen z. B. die Förderquote, also den Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf oder die Inklusionsquote, der Anteil der Lernenden mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die an einer Regelschule beschult werden.

Neue Erkenntnisse könnten aber auch durch eigene Erhebungen z. B. zu den räumlichen und personellen Rahmenbedingungen in Bildungseinrichtungen erzielt werden. Vorher müsste man sich aber klarmachen, was man abbilden und auf welche Zielgruppe von Inklusion man sich konzentrieren wolle. Hierfür bräuchte es auch eine stärkere Kooperation mit freien Trägern und Verbänden der Wohlfahrtspflege, welche bei der Datenerhebung eine wichtige Unterstützung sein können.

Wie sich Inklusion in der Bildung kommunal managen lässt

Netzwerke sind also unerlässlich – so die Erfahrung der Teilnehmenden einer zweiten Diskussionsgruppe. Sie beschäftigten sich mit der Frage, wie sich Inklusion in der Bildung auf kommunaler Ebene managen lässt. Auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte brauche es dafür eine strukturelle Verankerung des Themas. Hier erfolge die „Lagefeststellung“, z. B. im Rahmen von Bildungsmanagement oder Sozialplanung und die Definition von Zielen und Zielgruppen.

In kleineren Teilzielen, z. B. der Förderung und Umsetzung von konkreten Maßnahmen und Einzelprojekten, lasse sich dann die Vision einer inklusiven Bildungslandschaft Schritt für Schritt verwirklichen. Allerdings sei der persönliche Kontakt vor Ort der alles entscheidende Schlüssel, um solche Projekte überhaupt erst zu ermöglichen – und um Vorbehalte und Barrieren abzubauen, erst in den Köpfen und dann auch in der Gesellschaft, im Bildungssystem oder dem Gemeinwesen.

Hierbei spielt die Politik eine wesentliche Rolle. Von ihr sollte die Botschaft kommen, dass Inklusion etwas ist, wovon alle profitieren könnten – denn schließlich gehe es um nichts weniger als die Gleichberechtigung aller Menschen.

Kontakt

Ulrike Richter, Veranstaltungen

Tel.: 0345-68178 21 E-Mail: urichter@dji.de

Mehr zum Thema

Programm

In unserer Fortbildung am 6.12.2022 haben wir gezeigt, wie sich Kommunen mit inklusiven Ansätzen ungenutzte Potentiale ihrer kommunalen Bildungslandschaft erschließen können und welchen Beitrag kommunales Bildungsmanagement dazu leisten kann.

InBiT

InBiT ist ein Verbundprojekt der Stiftung Universität Hildesheim und des Deutschen Jugendinstituts. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Laufzeit von drei Jahren gefördert.

Inklusion in der Kommune

Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Thema Inklusion in der Kinder- und Jugendarbeit auseinandergesetzt. Eine Webseite informiert darüber.

Kommunale Inklusionsvermittler

Kommunale Inklusionsvermitter sind Ansprechpartner in der Gemeinde und in den Kreisstädten vor Ort. Sie wirken auf die Vielfalt der Gesellschaft und den Abbau von Barrieren hin.