Fortbildung
In unserer vierten Veranstaltung für Mitarbeitende des Programms „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“ wurde am 4. September 2018 in Halle in Kooperation mit der Transferagentur Großstädte (TAG) das Thema „Datenbasiertes Arbeiten“ behandelt.
Bedingt durch die verschiedenen Anbindungen und Arbeitsaufträge der mitteldeutschen Bildungskoordinierenden stehen diese vor mannigfaltigen Herausforderungen beim Umgang mit Daten – von der Einholung des Auftrags, über die Akquise bis hin zur Form der Aufbereitung. Dabei sind Daten eine Grundlage nachhaltigen strategischen Handelns. Um datenbasiertes Arbeiten kommt somit keine Bildungskoordination herum.
In ihrem einführenden Vortrag fassen Katja Geerdes und Dr. Daniel März von der TAG die zentralen Ansätze datenbasierten Arbeitens im Bereich „Integration durch Bildung“ zusammen:
Geerdes macht deutlich: „Datenbasiertes Arbeiten soll gesicherte Informationen für die Bildungssteuerung bereitstellen. Daten haben hierbei keinen Selbstzweck, sondern eine Hilfsfunktion.“ Aufträge zur Datenanalyse sollten grundsätzlich von der strategisch-politischen Ebene kommen, nur so könnten Produkte und Ergebnisse an den strategischen Zielen einer Kommune anknüpfen.
Kollegialer Austausch zu Erfahrungen mit Daten
In der folgenden Arbeitsphase teilen sich die Bildungskoordinierenden in fünf Gruppen auf. Hier berichten die Teilnehmenden von je einem Projekt im Rahmen ihrer Tätigkeit, bei dem sie Daten verwendet haben bzw. es den Versuch gab, Daten zu akquirieren. Die Koordinierenden stellen dar, mit welchen datenführenden Stellen sie zusammengearbeitet und welche Daten sie wofür verwendet haben. Auch Stolpersteine und gute Erfahrungen werden in den Arbeitsgruppen diskutiert.
Die Vielfalt der Erfahrungen im Bereich Datenbasierung sorgt für angeregte Gespräche. So beschäftigt sich Tilo Richter, Bildungskoordinator des Landkreises Meißen, derzeit beispielsweise mit Lern- und Kompetenzfortschrittsmessung bei Zugewanderten in SGB-II-Bezug. Hier werden sowohl Bildungsmaßnahmen für Zugewanderte durch die Teilnehmenden als auch deren Integrationsfortschritte vonseiten des kommunalen Fallmanagements bewertet. Daraus ergeben sich keine Sanktionen. Vielmehr können Zugewanderten aufbauend auf dieser Vorgehensweise zielgerichteter Bildungsangebote zur Verfügung gestellt werden, um deren Integrationsbemühungen zu unterstützen. Der Landkreis Meißen ist laut Tilo Richter Vorreiter im Bereich Lern- und Kompetenzfortschrittsmessung bei Zugewanderten.
Andernorts nutzen Bildungskoordinierende Daten, um z.B. kommunale Kurzqualifizierungen für Geflüchtete mit den passenden Teilnehmenden zu bestücken (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Claudia Oertel) oder einen Überblick über Auszubildende mit Migrationshintergrund zu erstellen (Burgenlandkreis, Judith Kindinger).
Anonymisierte Datensätze erleichtern die Arbeit
In seinem Impulsreferat „Befragungen koordinieren – Datenschutz beachten“ stellt TransMit-Landeskoordinator Matthias Müller nach der Mittagspause verschiedene Aspekte aus dem Bereich Datenschutz vor. Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU basiere auf deutschen Datenschutzregelungen, berge jedoch auch Neuerungen. Ursprünglich zur Einhegung von Datengiganten wie Google oder Facebook konstruiert, betreffe die DSGVO alle datenverarbeitenden Stellen – und somit auch Bildungskoordinierende.
So sei die Arbeit mit anonymisierten Datensätzen in der Regel unproblematischer als die Verwendung personenbezogener Daten oder Sozialdaten (von rechtlich befugten Sozialbehörden erhobene Daten). Müller betont: „Für Steuerungswissen braucht man in den meisten Fällen keinen Personenbezug. Anonymisierte Datensätze fallen nicht mehr unter Datenschutzverordnungen. Daher sind anonymisierte Daten bei der Arbeit der Bildungskoordinierenden zu bevorzugen.“
Des Weiteren geht Müller auf Einwilligungserklärungen von Betroffenen, Joint Controllerships (gemeinsame Verantwortungsgemeinschaften), einzelne Inhalte der DSGVO und aktuelle Erfahrungen im Rahmen von Befragungen innerhalb von Kommunen ein.
Faktencheck des Landkreises Augsburg als Diskussionsgrundlage
Anschließend berichtet Anna Borowiec, Bildungskoordinatorin im Landkreis Augsburg, über ihre Erfahrungen im Bereich Datenbasierung. Borowiec koordinierte im Auftrag des Landkreises die Erstellung einer Broschüre mit dem Titel „Faktencheck Integration – Zahlen und Trends“.
Mit dem „Faktencheck“ wurden für den Landkreis Augsburg erstmalig wichtige Daten zu allen Bildungsbereichen zusammengetragen und wesentliche Entwicklungen im Bereich Zuwanderung aufgezeigt. Dargestellt werden Zahlen und Trends zur frühkindlichen Bildung, Schule, Ausbildung, Weiterbildung, Jugendarbeit, Familienbildung und Anerkennung von ausländischen Qualifikationen. Zusätzlich sind in der Sammlung wichtige Themenbereiche wie die demographische Entwicklung, die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die soziale Lage enthalten.
Borowiec verdeutlicht, dass es sich beim „Faktencheck“ um ein reines Zahlenwerk handle. Es enthalte keine Interpretationen und Schlussfolgerungen. Hierfür seien Expertinnen und Experten in Kommunalpolitik und -verwaltung zuständig. Die Broschüre liefere lediglich eine Grundlage für Diskussionen und angemessene Maßnahmen.
Innovatives aus Ostfriesland
Auf diesen Vortrag folgt ein Impuls von Frank Martens, Leiter der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe des Landkreises Aurich in Ostfriesland. Nach einer Einführung zur Struktur der Koordinierungsstelle rückt Martens die Integrationsdatenbank des Landkreises in den Fokus. Diese sei ein wirksames Instrument, um die Integration von Zugewanderten zu unterstützen. Die Datenbank werde unter strenger Beachtung des Datenschutzes von den zuständigen Stellen gepflegt und als Integrationsdokumentation genutzt. Sie ermögliche somit einen Überblick über Integrationserfolge und Unterstützungsbedarfe. Die Querschnittsaufgabe „Integration durch Bildung“ sei auf diese Weise leichter zu bewältigen.
Am Beispiel der ärztlichen Unterversorgung im ländlichen Raum erläutert der langjährige Verwaltungsmitarbeiter den Nutzen der Datenbank. Aufbauend auf Daten und daraus abgeleiteten Maßnahmen sei es dem Landkreis gelungen, zugewanderte Medizinerinnen und Mediziner als Nachwuchskräfte in lokale Krankenhäuser zu vermitteln. Hierbei wurde beispielsweise die Wohnortsituation der infrage kommenden Zielgruppe analysiert und mit dem Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs abgeglichen. Bei festgestelltem Handlungsbedarf war der Landkreis den Medizinern dann bei der Suche einer geeigneteren Unterbringungsmöglichkeit behilflich.
Im Rückblick zeigt auch diese Fortbildung: Datenbasiertes Arbeiten wird weiterhin ein zentrales Element der Kommunalen Bildungskoordinierung sein. Dementsprechend wird das Thema von TransMit auch in künftigen Fortbildungen behandelt werden.
Weiterlesen:
Der im Artikel erwähnte „Faktencheck“ des Landkreises Augsburg kann auf dessen Internetseite als PDF heruntergeladen oder via E-Mail in gedruckter Form beim dortigen Bildungsbüro bestellt werden.
Ulrike Richter, Veranstaltungen