Bildungswerkstatt
Am 1. Dezember fand unsere letzte Bildungswerkstatt in diesem Jahr statt. Der vierte Teil unserer Veranstaltungsreihe zum Bildungsmonitoring nahm den Übergang von der Schule in den Beruf in den Blick. Diese Schnittstelle ist eines der wegweisenden Tätigkeitsfelder kommunaler Bildungsarbeit. Einige wenige Anwesenden haben bereits ein Übergangsmonitoring etabliert, die meisten stehen noch am Anfang. Es ging um Fragestellungen der Kommune, die Aussagekraft von Daten und das passende Forschungsdesign.
Was uns die Daten sagen
In seinem Vortrag geht Matthias Müller, TransMit-Landeskoordinator in Thüringen, auf die unterschiedliche Aussagekraft von Datenquellen ein. Er macht auf die Grenzen von indikatorgestützten Daten aufmerksam und spricht sich für zusätzliche eigene Erhebungen aus. Um amtliche Statistiken interpretieren und einordnen zu können, brauche es Referenzwerte.
Hier lohne der Blick in einen vergleichbaren Landkreis oder auf die Landesebene. Zusätzliche Kontextinformationen z.B. zu Schulstandorten, Einpendlerquoten aber auch Veränderungen in den statistischen Erhebungsverfahren würden helfen, die Daten realistisch zu interpretieren, sagt Müller. Für eine aussagekräftigere Analyse der Bildungsübergänge empfiehlt er die Betrachtung von Querschnittsdaten, die mit Informationen der Jugendlichen ergänzt werden. So können z.B. in Schülerbefragungen folgende Individualdaten erhoben werden:
Müller betont, dass man aus den Daten der amtlichen Statistik keine Ursache-Wirkungen-Beziehungen ablesen kann. Dafür brauche man Längsschnitterhebungen, die Entwicklungen nachzeichnen und Rückschlüsse auf Gelingen und Scheitern ermöglichen – leider aber aufwendig und teuer sind. Hinsichtlich des Designs einer Schülerbefragung schlägt Müller ein mehrstufiges Verfahren vor, wie es z.B. das DJI in seinem Übergangspanel nutzte. Hier wurden die Zukunftspläne und später die tatsächlich eingeschlagenen Berufswege im Längsschnitt erhoben.
Müllers Tipp zum Schluss: "Vergessen Sie nicht, die entsprechenden Genehmigungen einzuholen. Nicht nur die Schulen, auch die Eltern und die Schülerinnen und Schüler selbst müssen ihre Teilnahmebereitschaft schriftlich erklären."
Das Gehörte ordnen
Nach dem Vortrag von Matthias Müller rauchen die Köpfe: Haben wir die Ressourcen für solch ein Vorgehen? Welche Daten haben wir schon, wo gibt es Lücken? Welche Zugänge können wir nutzen? Warum ist es so kompliziert? Um die gehörten Informationen zu strukturieren, erstellt Moderator Ken Kupzok gemeinsam mit den Anwesenden eine Übersicht als Mindmap:
Kein Abschluss ohne Anschluss
Aus der Praxis berichtet Suse Lehmler. Sie ist Übergangskoordinatorin in der Landeshauptstadt Kiel. Dort wird seit 2009 eine fortlaufende Verbleibstatistik zum Übergang Schule-Beruf geführt. Die Statistik betrachtet Informationen über den Verbleib der Jugendlichen nach der Sekundarstufe I und den Besuch des Regionalen Berufsbildungszentrums. Seit dem Schuljahr 2014/2015 werden zudem auch DaZ-Klassen erfasst. Die Verbleibstatistik erhebt dabei die Abschlüsse zum Schuljahresende und die Anschlussperspektiven der Jugendlichen. Hier betont Lehmler, dass man auf den Zeitpunkt der Datenerhebung achten muss. Eine Befragung vor den Sommerferien zeigt noch unversorgte Jugendliche, für die in den Sommerferien gezielt Anschlüsse gesucht werden.
Auf Basis der Ergebnisse wurden in Kooperation mit dem steuernden Gremium Leitziele für einen verbesserten Bildungsübergang erarbeitet. Beispielsweise soll die Anzahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss auf unter sechs Prozent gesenkt werden, der Anteil der Unterversorgten soll weniger als zehn Prozent betragen. Ebenso nimmt sich das Gremium vor, die duale Ausbildung wieder attraktiv zu machen. Hier sagen die Zahlen der Verbleibstatistik, dass die Kieler Schülerinnen und Schüler in großer Mehrheit höhere Bildungsabschlüsse anstreben, hingegen sinken die Anschlüsse in duale Ausbildung kontinuierlich seit Jahren auf einen Tiefstand von 17 Prozent.
Diskussion und Austausch
Der verbleibende Nachmittag ist für den Austausch reserviert. In kleinen Arbeitsgruppen diskutieren die Teilnehmenden über selbstgewählte Themen. Hier geht es z.B. um die Rolle der Eltern, die, so unter anderem die Kieler Untersuchung, die Zukunftsplanung ihrer Kinder beeinflussen. Die Frage sei, wie man die Eltern selbst befragen und ihren Einfluss bei der Berufswahl untersuchen kann. Abschließend schlägt TransMit-Landeskoordinator Oliver Wollf vor, darüber nachzudenken, wie Programme wie "RÜMSA" und "Bildung Integriert" hinsichtlich der Datenerhebung zusammenarbeiten könnten.
Mit neuen Wissen und Ideen verlassen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Raum. Sie alle haben nun eine genauere Vorstellung von dem, was im Übergangsmonitoring möglich ist. Nun gilt es, das Machbare für den eigenen Aufgabenbereich auszuloten.
Ulrike Richter, Veranstaltungen