Bildungswerkstatt
Zahlreiche mitteldeutsche Kommunen nutzen das Bundesprogramm „Kommunale Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte“ (kurz: KoKo). Langsam rückt das Projektende näher. Für TransMit war dies Anlass, eine Bildungswerkstatt zum Thema Verstetigung im Lichthaus Halle zu organisieren. Angeregt aus den Ländernetzwerken wurden Vorgehensweisen sondiert, um in der zweiten Förderphase, Ergebnisse und Abläufe nachhaltig zu gestalten.
Im Oktober 2019 bot das Lichthaus in Halle erneut den passenden Rahmen für eine TransMit-Veranstaltung. Die Atmosphäre in dem fußläufig vom Hallmarkt gelegenen, ehemaligen Forschungsatelier spiegelte sich in der Produktivität unserer Gäste aus den mitteldeutschen Programmstandorten wider und animierte zum Diskutieren, Austauschen und Ideenfinden. Wie in der Hallenser Lichtforschung ging es auch in der Bildungswerkstatt um Innovationen, Durchblick sowie Licht und Schatten der Projektarbeit.
Thema Verstetigung kommt aus den Ländernetzwerken
Ulrike Richter, stellvertretende Projektleiterin von TransMit und unsere Veranstaltungsmanagerin, begrüßt die rund zwei Dutzend Gäste aus den mitteldeutschen Kommunen. Sie betont, dass das Thema Verstetigung insbesondere über die Anfragen aus den KoKo-Ländernetzwerken Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen seinen Niederschlag in der TransMit-Veranstaltungsplanung gefunden habe. Die Programmlaufzeit endet 2020 – Zeit zu handeln und Ergebnisse sowie Strukturen aufzubereiten!
Kein Standard-Rezept, aber Erfolgsfaktoren
In einem Impulsvortrag geht Klaus-Dieter Paul, Geschäftsführer von u.bus - Gesellschaft für regionale Entwicklung und europäisches Projektmanagement mbH mit Sitz in Berlin, auf Strategien, Hemmnisse und Erfolgsfaktoren für Verstetigung von Projektergebnissen ein. Paul beschäftigt sich mit seiner ebenfalls anwesenden Kollegin Renate Ubachs seit mehreren Jahrzehnten mit dem Thema Transfer und war dazu in der Vergangenheit im Auftrag verschiedener Bundesministerien tätig – beispielsweise im Rahmen des Programms Xenos - Integration und Vielfalt. Dort unterstützte er Modellstandorte bei der Sicherung der gewonnenen Projektergebnisse.
Paul betont, es gäbe für Verstetigungen „kein Standard-Rezeptbuch“. Wenn dieses existierte, hätte er es mitgebracht. Aufbauend auf eim Zitat des Filmemachers und Philosophen Alexander Kluge schildert Paul das Dilemma von zeitlich befristeten Projekten in Kommunalverwaltungen: „Projekte sind im Grunde Vorgriffe, Ausbrüche in die Ferne. […] Ihre Kühnheit führt nicht dazu, dass sie Traditionen bilden.“ Der u.bus-Stratege verdeutlicht somit den Spagat von Projekten zwischen ihrem Anspruch als Innovationsmotor und der Erwartung eines Dienstleisterstatus‘ in hierarchisch geprägten Verwaltungen. Unter Umständen „störten“ mit neuartigen Zielen ausgestattete Programme anfangs eingespielte Abläufe und würden vom Verwaltungspersonal als zusätzliche Belastung wahrgenommen. Paul nennt das „Entwicklungs-Vertriebs-Dilemma“.
Angesichts dieses Umstands steigerten Produkte und Ergebnisse das Ansehen und den Nutzen von Projekten, die vor allem aus Sicht der verwaltungsinternen Adressaten praxistauglich und finanzierbar seien sowie die Ziele verschiedener Verwaltungsabteilungen unterstützten. Eine Verstetigung könne dann gelingen, wenn im Vorfeld aus Ergebnissen transferierbare (also personenunabhängige und weiter nutzbare) Produkte würden. Zudem müssten Nutzen und Finanzierungsgrundlage vorab geklärt sein.
Paul nennt vier Aktivitäten, die Nachhaltigkeitsstrategien in jeweils spezifischer Ausprägung zugrunde liegen sollten:
Im Endeffekt sei dort eine Übertragung guter Projektergebnisse und -strukturen zu erwarten, wo während der Projektlaufzeit Promotoren („Kümmerer“) gewonnen werden können. Im Falle von KoKo könnten das verwaltungsinterne Akteure wie beispielsweise Amtsleitungen, Verwaltungsspitzen oder Dezernentinnen und Dezernenten sein.
Projektabschluss planen, Wissen übertragen
In einer Arbeitsgruppenphase planen die Teilnehmenden dann in Zweierteams ihren Projektabschluss. In Arbeitsblättern wird gefragt, welche Produkte am jeweiligen KoKo-Standort entstanden sind und was jetzt schon übertragbar sei. Die Antworten reichen von „Netzwerken, Maßnahmen, Übersichten“ bis zu „Prozessketten für die Zielgruppe und bessere Verwaltungskultur“. Die Ergebnisse werden in einem Gallery Walk vorgestellt, in dem sich alle Anwesenden über die Anregungen der Kolleginnen und Kollegen informieren können. Anschließend verschiebt sich die Aufmerksamkeit in Richtung des exklusiven Wissens der Teilnehmenden. Was davon würden diese an ihre Stammverwaltung übergeben wollen? Was ist übertragbar? Auch hier sind die Anregungen der Bildungswerkstatt-Gäste vielfältig und reichen von „regionale Netzwerkkenntnisse“ über „Daten“ bis hin zu „Strukturen der kommunalen Bildungslandschaft“.
Dann geben Norbert Blauig-Schaaf und Alexander Lorenz von TransMit einen kurzen Einblick, wie Strukturen im früheren BMBF-Programm „Lernen vor Ort“ verstetigt werden konnten. Beide arbeiteten an den Modellstandorten Dessau-Rosslau (Blauig-Schaaf) und Kyffhäuserkreis (Lorenz). Ihr Fazit: Es braucht u. a. Promotoren, politische Unterstützung, einen gewissen Dienstleistungsgedanken vonseiten des Projektteams, sowie Themen, auf die man aufspringen kann. Doch selbst, wenn alle Rahmenbedingungen optimal sind, bedeute das nicht automatisch eine Verstetigung guter Ansätze.
In einer Workshop-Runde am Nachmittag bearbeiteten fünf Gruppen jeweils einen Themenkomplex. Hierbei wurde gefragt, was in diesen Feldern bislang getan wurde oder künftig zu tun sei, um die Verstetigung von KoKo zu unterstützen:
Fazit
Es gibt weder DIE Verstetigung noch DEN Transfer. Die Übertragung guter Produkte oder Strukturen aus Projekten hängt von zahlreichen Rahmenbedingungen ab. Dennoch können bereits in der Projektlaufzeit zahlreiche Weichen gestellt werden, um gute Ergebnisse zu sichern. Starke Netzwerke, gutes Marketing, bedarfsgerechte Angebote, praxistaugliche Innovationen und ressortübergreifendes Arbeiten steigern die Wahrscheinlichkeit, dass Dinge erhalten bleiben. Vorgesetzte und politische Akteure können der Verstetigung den nötigen Drive geben.
Abstimmungsroutinen, die Einbindung Externer in Netzwerke, interne Koordinierung gehören zum erprobten Handwerkszeug. All diese Prozesse und Fähigkeiten werden zukünftig in der Verwaltung gefragt sein, wenn es gilt, Trends aufzunehmen und neue Themen, wie Strukturwandel, Regionalentwicklung, Demokratiebildung und Digitalisierung umzusetzen.
Ulrike Richter, Veranstaltungen